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Kundmann | K 1845
Kundmann Johanna Pauline Alexandrine; Richterin und Vorsteherin eines
Bezirksgerichtes
Geb. Mistelbach, NÖ, 24. 4. 1914
Gest. Linz, OÖ, 8. 5. 2000
Herkunft, Verwandtschaften: Als Tochter des Gendarmerieobersten i. R Johann Kundmann
und seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Augustowska, lebte sie als Kind in Niederösterreich. Die
Familie war römisch katholisch.
Ausbildungen: Sie besuchte von 1926 bis 1927 das Mädchen-Reformrealgymnasium der
Englischen Fräulein in St. Pölten. Von 1927 bis 1934 studierte sie am Mädchen-Reform-
realgymnasium der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Linz, woselbst sie 1934 die Matura
mit Auszeichnung ablegte. In der Folge wendete sie sich dem Studium der Rechtswissen-
schaften zu und studierte an den Universitäten Wien und Graz. In den justizrelevanten
Fächern zeigte sie besondere Fähigkeiten und bestand mit Auszeichnung. Am 15. 6. 1939
promovierte sie zum Doktor beider Rechte. Am 26. 6. 1939 begann sie ihre Gerichtspraxis
beim Amtsgericht (Bezirksgericht) Gmunden und praktizierte in der Folge an mehreren
Dienststellen in Linz und Innsbruck sowie bei einem Rechtsanwalt und einem Notar. Im
Jänner 1943 bestand sie die Große Staatsprüfung (nach reichsdeutschem Recht) und wurde
Assessorin. 1945 wurde sie zur Hilfsrichterin ernannt.
Das Oberlandesgericht Linz wurde am 1. 4. 1939 eröffnet. Der Sprengel umfasste vier Landge-
richtsbezirke (Landes- und Kreisgerichte), nämlich Linz, Ried, Steyr und Wels, sowie 51
Amts-
gerichte (Bezirksgerichte). In diesem Sprengel siedelten damals etwa 1 Mill. Menschen. Der
1. Präsident des Oberlandesgerichtes Linz war ein gewisser Dr. Edmund Krautmann, geb.
4. 7. 1879 in Wien, und noch in der Habsburger-Monarchie zum Richter ernannt. Zuerst Mit-
glied der Großdeutschen Volkspartei schloss er sich schon 1932 der NSDAP an. Im Jänner
1935 wurde er vorübergehend in den Ruhestand versetzt, jedoch in der Folge aktiviert und
mit 13. 4. 1938 im Reichsjustizministerium, Abteilung Österreich, verwendet. Vom 1. 4. 1939 bis
31. 10. 1943 war er Oberlandesgerichtspräsident in Linz. Sein – wenig einnehmendes – Porträt
hing noch Ende der 90-iger Jahre am Gang des Oberlandesgerichtes – als Schmuck, wie be-
hauptet wurde. Eine Beschwerde der Verfasserin an den damaligen Justizminister bewirkte, dass
dieses Porträt abgehängt wurde. Im Sprengel lagen Schloss Hartheim und Mauthausen.
Laufbahn: Am 13. 8. 1947 wurde J. K.
– gemeinsam mit Dr. Gertrud Jaklin in Wien
– zur Rich-
terin der Standesgruppe 1 des Landesgerichtes Linz ernannt (BmfJ Zahl 3073/47).
J. K. galt nach dem Krieg als unbelastet. Sie arbeitete an verschiedenen Gerichten in Linz und
wurde „Frau Oberlandesgerichtsrat“. Im August 1974 wurde sie Vorsteherin des Bezirksgerich-
tes Urfahr-Umgebung. Mit 31. 8. 1975 erfolgte die Versetzung in den dauernden Ruhestand. Sie
starb am 8. 5. 2000 in Linz. Ihr Fachgebiet war das Außerstreit- und Jugendschutzrecht. Sie galt
als besonders liebenswürdig und geduldig im Umgang mit der rechtsuchenden Bevölkerung.
Weil sie auch so besonders belastbar war nach Meinung der Justizinspektoren, Visitatoren sowie
ihrer unmittelbaren Vorgesetzten, führte sie fallweise gleich zwei Außerstreitabteilungen zur
vollsten Zufriedenheit. Die Dienstbeschreibungen lauteten hingegen nur auf „gut“ und „sehr
gut“. Die Verfasserin korrespondierte noch in den 80-iger und 90-iger Jahren mit J. K. und
konnte sich von ihrer fachlichen Brillanz und Menschlichkeit selbst überzeugen. Sie war eine
vorbildliche Richterin und Frau in schwierigen Zeiten
– so möge sie in Erinnerung bleiben.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 2, I – O
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1026
- Kategorie
- Lexika