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Liutpirc2006
seit 774 König der Langobarden, seit 800 Kaiser), 770 /71 (zweite Ehefrau), von diesem ver-
stoßen (von Carl I. Hammer [Hammer 2007] mit L. identifiziert); Bruder: Adelchis, Mit-
regent († nach 788).
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit dem bayerischen Herzog Tassilo III. (reg. 748-
788/794); Kinder: Theodo, Cotani, Hrodrud, Theodbert. Zu L.s Vertrauten gehörte der Lan-
gobarde oder Romane Ambrosius, vor 788 zum Abt des Herzogsklosters Chiemsee bestellt,
der wahrscheinlich mit ihr nach Bayern gekommen war. Vermutlich stand er ihr als persönli-
cher Geistlicher oder „Hauskaplan“ (capellanus) zu Diensten.
Laufbahn: Hintergrund für die Eheschließung L.s mit Tassilo war, dass es 763 zu einer Ver-
stimmung zwischen dem bayerischen Herzog Tassilo III. und dem Frankenkönig Karl „dem
Großen“ kam deren Ursachen sich im Einzelnen nicht erheben lassen, und die wohl mit dem
Aquitanienkrieg von 763 zusammenhingen. In der Folge kam es zu einer Annäherung zwi-
schen dem bayerischen Herzog und dem Langobardenkönig. L.s Heirat mit Tassilo III. war
wohl die Besiegelung eines bayerisch-langobardischen Bündnisses. Sie erfolgte 763, jedenfalls
vor 768/69.
In dem heute im Kloster Kremsmünster aufbewahrten berühmten Tassilo-Kelch, ein liturgi-
sches Gerät für die Messfeier, vermutlich als Spendekelch, über dessen ursprüngliche Bestim-
mung und den Weg, den er aus dem einstigen Besitz des Herzogspaares in das von Tassilo 777
gegründeten Kremsmünster genommen hatte, nur Vermutungen angestellt werden können,
ist am Fußende L. zusammen mit ihrem Mann inschriftlich verewigt: + TASSILO DVX
FORTIS + LIVTPIRC VIRGA REGALIS, „Tassilo tapferer Herzog, Liutpirc königliches
Reis“. Die Inschrift demonstriert eindrucksvoll L.s herrschaftliche Stellung an der Seite ihres
Mannes. Verschiedene Indizien deuten darauf hin, dass an der Gründung des Frauenklosters
Frauenchiemsee (Frauenwörth) auf der Fraueninsel im Chiemsee durch Tassilio 782 auch L.
wesentlich beteiligt war. Das Vorbild für Frauenwörth dürfte die Gründung von L.s Mutter
Ansa San Salvatore (oder Santa Giulia) auf der Halbinsel Sirmione im Gardasee abgegeben
haben. Auf der benachbarten Herreninsel im Chiemsee leitete Ambrosius das Männerklos-
ter (Herrenchiemsee). Es ist nicht ausgeschlossen, dass L. die Ernennung zum Abt des
Klos
ters durchgesetzt hatte, das ihr möglicherweise als Apanage übertragen worden war
(Dopsch 2006).
L.s Schicksal ist auf das engste mit dem politischen Geschick Tassilos verbunden. Sein
Versuch, im Südosten des fränkischen Reiches eine königsgleiche Herrschaft aufzubauen,
mündete ein in den Prozess von Ingelheim 788 – von der Forschung als Schauprozess ein-
gestuft-, unter der Anklage wegen „harisliz“, dem vorzeitigen Verlassen des Heeres. Tassilo
und seine Familie wurden ins Kloster geschickt. Tassilo wurde in Sankt Goar zum Mönch
geschoren und ins Kloster Jumièges an der Seine (unterhalb von Rouen) verbannt. Der
Sohn Theodo (Mitregent) wurde in Sankt Maximin in Trier untergebracht und Theodbert
in ein unbekanntes Kloster verwiesen. Auch die weiblichen Mitglieder der Familie wurden
in westfränkische Klöster verbannt, Cotani ins Kloster Sainte-Marie (später Saint-Jean) in
Laon, und Hrodrud in Chelles bei Paris; nach einem Salzburger Memorialeintrag könnten
L. und ihre beiden Töchter auch nach Corbie verbracht worden sein. 794 erfolgte Tassilos
endgültiger Verzicht der Herrschaftsrechte. Zu diesem Zeitpunkt dürften weder L. noch
ihre Töchter am Leben gewesen sein. L. wurde in den offiziösen „Annalen des fränkischen
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 2, I – O
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1026
- Kategorie
- Lexika