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Wegen dieser Tätigkeit wurde sie im Juni 1934 zu einer dreißigtägigen Arreststrafe verurteilt.
Im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an der 1. Reichskonferenz der Revolutionären So-
zialisten („Brünner Konferenz“) zu Jahreswechsel 1934/35 von der Polizei gesucht, lebte sie
unter falschem Namen in Wien, Brünn und Prag. Im November 1937 wurde H. P. erneut
verhaftet, das gegen sie eingeleitete Verfahren wegen Hochverrats wurde jedoch im Zuge
der Februaramnestie 1938 eingestellt. Nach ihrer Freilassung arbeitete sie ab Mai 1938 als
Korrespondentin in einem pharmazeutischen Unternehmen und nahm ihre Kontakte zum
ALÖS wieder auf. Am 22. August 1939 wurde H. P. im Zuge einer Verhaftungswelle ge-
gen Angehörige der illegalen Arbeiterbewegung abermals festgenommen. Wegen Vorbe-
reitung zum Hochverrat wurde sie im November 1940 vom Oberlandesgericht Wien zu
zwei Jahren und einem Monat Haft und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte
verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe im Zuchthaus Aichach in Oberbayern wurde H. P.
ins Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. Dort wurde sie zur Zwangsarbeit für einen
deutschen Textilbetrieb verpflichtet. 1943 durfte sie anlässlich des Begräbnisses ihrer Mutter
nach Wien zurückkehren, wo die Gestapo versuchte, sie als Konfidentin anzuwerben. Da
H. P. dieses Ansinnen zurückwies, wurde sie ins Lager zurückgebracht.
Nach der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee blieb sie dort zur Betreuung kranker
Insassen, bis sie im Juli 1945 nach Wien zurückkehren konnte. Nach kurzer Mitarbeit bei
der „Volkssolidarität“ wurde sie Redaktionssekretärin bei der Zeitschrift „Die Frau“, eine
Tätigkeit, die sie siebzehn Jahre lang ausübte. H. P., die sich nach dem Krieg auch für die
Kinder justifizierter Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer engagierte, ad-
optierte selbst einen zurückgelassenen zweijährigen Buben. Im November 1945 wurde sie
in den Wiener Gemeinderat und Landtag delegiert, wo sie in den Ausschüssen für Wohl-
fahrtsangelegenheiten, Bauangelegenheiten sowie für das Wohnungs-, Siedlungs- und
Kleingartenwesen tätig war. 1954 erfolgte ihre Bestellung zu einer der sechs Vorsitzenden
des Wiener Gemeinderats. 1959 wurde sie als erste Frau zur dritten Präsidentin des Wiener
Landtags gewählt. Von 1945 bis 1963 war H. P. Mitglied des Frauenzentralkomitees der
SPÖ. Sie blieb der Bezirksorganisation Meidling verbunden, in der sie unter anderem die
Funktion einer Frauenvorsitzenden inne hatte. 1967 legte sie alle politischen Funktionen
zurück. Danach war sie im Verband der österreichischen Rentner und Pensionisten (spä-
ter Pensionistenverband Österreichs), dessen Vorstandsmitglied sie war, und im Verein für
Geschichte der Arbeiterbewegung aktiv. H. P. ist auch als Verfasserin von Artikeln in der
sozialdemokratischen Presse hervorgetreten. Sie war Trägerin zahlreicher Auszeichnungen
und Ehrungen, u.a. der Otto Bauer-Plakette (1968), der Viktor Adler-Plakette für beson-
dere Verdienste um die Arbeiterbewegung (1976), des Großen Goldenen Ehrenzeichens
des Landes Wien (1972), des Ehrenzeichens um die Befreiung Österreichs (1977) sowie
des Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern für Verdienste um die Republik Ös-
terreich. Sie starb 1987 in einem Wiener Pensionistenheim. In Meidling wurden 1990 eine
städtische Wohnhausanlage und 2006 ein Weg nach H. P. benannt.
Qu.: VGA, Personenarchiv, Lade 22, Mappe 70. DÖW 1.580, 6.183, 7.948, 7.656, 8.050,
16.234, 16.235, 19.377/1, 20.000/P427, 50329. DÖW, Interviewsammlung Erzählte Ge-
schichte, Interview 280.
L.: Amtskalender, Berger 1987, Bousska 1996, Dokumentationsarchiv 1998, Helene Potetz
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biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
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- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika