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Primocic2604
Qu.: Grabinschrift gefunden im Raum Friesach, heute im Stadtmuseum Friesach. Diese
Inschrift setzt P. zu ihren Lebzeiten sich selbst und ihrem im Alter von 70 Jahren verstor-
benen Ehemann.
L.: CIL III 5039; ILLPRON 159; Kremer, Grabbauten Nr. 172; lupa Nr. 2311
Marita Holzner
Primocic Agnes, geb. Reinthaler; Arbeiterin, Betriebsrätin und Widerstandskämpferin
Geb. Hallein, Sbg., 1905
Gest. Hallein, Sbg., 2007
Herkunft, Verwandtschaften: fünf Geschwister. Der Vater war Brauarbeiter und Sozial-
demokrat sowie streng katholisch. Mutter: Weißnäherin.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1930 heiratete sie einen Arbeiter aus der Zellulosefabrik, er
kehrte aus dem Krieg nicht mehr zurück. Drei Kinder. 1950 ging sie wieder eine Beziehung
zu einem Mann ein, der einen Stiefsohn mitbrachte.
Ausbildungen: Volksschule, vier Klassen Bürgerschule.
Laufbahn: Kam mit vier Jahren auf einen Kostplatz zu einem Bauern, wurde zurückgeholt als
die Eltern den Kostplatz nicht mehr bezahlen konnten und kam dann in die Stadt in eine Kin-
derbetreuungsanstalt. Mit 13 Jahren wurde sie „Herdmädchen“. Mit 16 Jahren Telefonistin in
der Stadtgemeinde, wechselte wegen des geringen Verdienstes in die Tabakfabrik. Als sie mit
17 Jahren schwanger wurde, verließ sie die Familie und suchte sich ein Zimmer. Ihren Buben
musste sie auf Kost geben, er wurde später Bäcker. Politisches Engagement an ihrer Arbeitsstel-
le. 1933 Reise nach Russland, um Betriebe, Schulen und Kindergärten zu besichtigen. Wegen
dieser Reise Ausschluss aus der SDAPÖ. Beitritt zur KPÖ. 1934 wegen kommunistischer Be-
tätigung verurteilt und fristlos aus der Zigarrenfabrik entlassen. Unter Dollfuß und Schusch-
nigg in der „Roten Hilfe“ tätig, viermal verhaftet. Nach der Geburt ihrer Tochter baute sie mit
ihrem Mann und anderen Mitgliedern der Naturfreunde eine Almhütte zu einer Schutzhütte
um. Nach dem Einmarsch der Nazis wurde sie wiederum in der Fabrik eingestellt, verlor ihre
Arbeit aber neuerlich, als die Fabrik in einen Rüstungsbetrieb umfunktioniert wurde. 1942 ver-
haftet, weil sie Geld für die „Rote-Hilfe-Organisation“ weitergeleitet hatte. Obwohl sie wegen
ihrer kleinen Kinder nicht auffallen wollte, verhalf sie immer wieder politischen Häftlingen
zur Flucht, so etwa Sepp Plieseis, der die Partisanenbewegung im Salzkammergut leitete. Au-
ßerdem rettete sie 17 Häftlingen des KZ Hallein das Leben. Nach dem Krieg musste sie ihre
Familie mit Näharbeiten erhalten. Insgesamt befand sie sich zwischen 1938 und 1945 zweimal
für mehrere Wochen in Haft. In der provisorischen Halleiner Stadtregierung engagierte sie sich
als Gemeindevertreterin im Bereich Fürsorge. Auf ihre Initiative hin wurden drei Kindergärten
gegründet. Von Fred Sinowatz wurde sie als Zeitzeugin in Schulen eingeladen.
Ausz., Mitglsch.: Seit 1945 in der Parteiführung der KP (Salzburg), 1948 Landessekretär für
Salzburg, Mitglied des Bundes Demokratischer Frauen (BDF), Ehrenbürgerschaft der Stadt
Hallein, Silbernes Verdienstzeichen und Befreiungsmedaille, 2001 Ehrenbürgerin der Stadt
Hallein; Verkehrsflächenbenennung: 2012 Agnes-Primocic-Gasse in 1220 Wien.
W.: „Aus der Arbeit einer Mietervertreterin. In: Ö. Z., 3. 3. 1954“, „Unser Parteitag. In: Salz-
burger Tagbatt, 14. 4. 1950 “, „Amerikanische Demokratie. In: Pressedienst (PKP), 9. 3. 1948“,
„Frauen im antifaschistischen Widerstand: Agnes Primoschitz: ‚Ich kann nicht stillhalten,
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika