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Seidel | S 3043
de später emigriert; ein Sohn, † USA; 2. 1942 Heirat mit ihrem langjährigen Freund, dem
jüdischen Wiener Gemeinderat Siegmund Rausnitz, den sie seit der Zeit im Verein Freie
Volksbühne kannte, Heirat als Schutz vor rassistischer Verfolgung. Er nahm sich jedoch am
22. 4. 1942 gemeinsam mit seiner Schwester das Leben, was ein schwerer Schock für A. S. war.
Ausbildungen: Sieben Klassen Volksschule, ein Jahr Bürgerschule, mit 13 Jahren Abbruch
der Schule aus finanziellen Gründen.
Laufbahn: Bereits als Schülerin Näherin in Heimarbeit, Dienstmädchen, 1892, mit 16
Jahren, Beitritt zum Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein, Arbeit in der Gumpendorfer
Appreturfabrik Heller und Sohn, wo sie den 1. Mai 1893 als arbeitsfreien Tag durchsetzte,
am nächsten Tag fristlos entlassen, Kollegen solidarisierten sich und begannen zu streiken,
Forderung nach Zehnstundentag und Wiedereinstellung R.s, insgesamt 700 Arbeiterinnen
auch aus anderen Fabriken schlossen sich an, erster organisierter Frauenstreik in Cisleitha-
nien, Forderungskatalog von Adelheid Dworak ausgeweitet und am 14. Mai 1893 von den
Arbeitgebern angenommen; 1893 wegen zu temperamentvoller Teilnahme an einer Wahl-
rechtskundgebung zu 3 Wochen Arrest und zum Abschub aus Wien verurteilt, 1894 drei
Wochen Arrest, Schriftführerin des am 25. 12. 1893 gegründeten Lese- und Diskutierclubs
für Frauen Libertas, 1897 Mitgründerin einer Konsumgenossenschaft; erst 1900 wieder
Auftritte als Rednerin in sozialdemokratischen Versammlungen, Vorsitzende des Marga-
rethner Frauenkomitees, 1903–05 Mitglied der Kontrolle des Parteivorstandes, Delegierte
an den Parteitagen 1903, 1907–13. Revisorin des Theatervereins Freie Volksbühne, 1912
Mitgründerin der Genossenschaftlichen Frauenorganisation, Mitglied des Aufsichtsrats
der Niederösterreichischen Konsumvereine und des Vorstands der Konsumgenossenschaft
Wien; im 1. Weltkrieg aufgrund der Ausnahmegesetze kein öffentliches Auftreten, ab 1916
Mitglied des von Friedrich Adler reaktivierten Vereins „Karl Marx“, im Oktober 1916 be-
hördlich aufgelöst; am 11. November 1917 Rednerin auf der nach Bekanntwerden der rus-
sischen Oktoberrevolution einberufenen Versammlung im Wiener Eislaufverein; 1903 und
1920 Auftritt als Rednerin bei Parteitagen, 1927 als eine der drei ständigen Beisitzerinnen
des 27köpfigen Parteischiedsgerichts Mitglied der Parteivertretung; 1918–1923 Mitglied
des Wiener Gemeinderates, ab 1919 für den 5. Bezirk, 1919–1920 Stadträtin im Fürsorge-
referat, seit 1920 erste Vizepräsidentin des Niederösterreichischen Jugendhilfswerks, einer
AG von privaten und öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen, 1922–1931 Vorsitzendestellver-
treterin des Wiener Jugendhilfswerks; 1903–1932 Vorsitzende der sozialdemokratischen
Frauenreichskonferenzen, Mitglied des Frauenzentralkomitees von 1931, 1928 Mitglied der
Delegation der Frauenkonferenz der Sozialistischen Arbeiter-Internationale; Vorstand der
Konsumgenossenschaft Wien; 4. 3. 1919 –31. 5. 1919 Mitglied der Konstituierenden Natio-
nalversammlung SdP, 10. 11. 1920 –1. 10. 1930 Abgeordnete zum Nationalrat (I.–III. GP)
SdP, 2. 12. 1930 –17. 2. 1934 Abgeordnete zum Nationalrat (IV. GP) SdP; am 12. 2. 1934 in
ihrer Wohnung verhaftet, bis 30. 3. 1934 in Haft, zu einer Geldstrafe von 500 Schilling ver-
urteilt, während des Ständestaats war ihre Wohnung wöchentlicher Treffpunkt für etliche
weibliche Wiener Abgeordnete. Vom 22. 8. bis 2. 9. 1944 Haft im Landesgericht Wien.
A. S. befürwortete die Konsumgenossenschaften und war eine Kritikerin des Lassallschen
„Ehernen Lohngesetzes“, wonach jede Kaufkraftsteigerung zu Lohnsenkungen führen müs-
se und engagierte sich parteiintern für die Förderung von Genossenschaften. Im 1. Welt-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
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- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika