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Springer | S 3129
rief zur Beendigung des Krieges auf. G. H. sorgte auch für ein Versteck des Vervielfältigungs-
apparats, als sich die Gruppe bereits im Visier der Gestapo wähnte. Im Oktober 1941 wurde
sie zum Reichsarbeitsdienst einberufen und war ab April 1942 als Straßenbahnschaffnerin in
Dresden eingesetzt. Dort wurde sie nach der Zerschlagung der Widerstandsgruppe durch die
Wiener Gestapo am 15. Mai 1942 verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hochverrat und
Feindbegünstigung angeklagt. Die Untersuchungshaft verbrachte G. H. in der Haftanstalt
Krems. Am 24. September 1943 stand G. H. gemeinsam mit Anna Senhofer, Edith Gadawits
und Felix Imre vor dem 5. Senat des Volksgerichtshofes. Die Verteidigung konnte das Gericht
glauben machen, dass die Angeklagte die volle Tragweite ihrer Handlungen nicht vollständig
erfasst habe, auch wurde ihr jugendliches Alter zum Tatzeitpunkt berücksichtigt. G. H. kam
daher, so wie Senhofer, mit einer zwölfjährigen Zuchthausstrafe davon. Gegen Felix Imre und
die neunzehnjährige Edith Gadawits verhängte das Gericht hingegen das Todesurteil, welches
bei Gadawits später in eine Zuchthausstrafe umgewandelt wurde. Ihre Haftstrafe verbüßte
G. H. im Zuchthaus Aichach in Bayern. Eine Freundschaft verband sie mit der Architektin und
Widerstandskämpferin Margarethe Schütte-Lihotzky, mit der sie eine Zelle in der Kranken-
abteilung teilte. Dort erlebt sie am 29. April 1945 die Befreiung des Zuchthauses durch ameri-
kanische Truppen und kann einige Wochen später nach Wien zurückkehren.
1946 heiratete G. H. den Kommunisten und Holocaustüberlebenden Paul Springer, der am
1. April 1938 mit dem so genannten „Prominententransport“ in das Konzentrationslager
Dachau deportiert und von dort nach Buchenwald überstellt worden war. 1948 kam Tochter
Käthe zur Welt. Paul Springer, hauptberuflicher Parteifunktionär, verunglückte 1949 wäh-
rend einer Wahlkampfreise im Burgenland tödlich. G. Sp. war in der Folge als Funktionärin
der KPÖ und ihrer Jugendorganisation „Freie Österreichische Jugend“ in Ottakring tätig,
später als Angestellte bei der Bezirksorganisation Währing und des „Bundes Demokrati-
scher Frauen“. Danach arbeitete sie in der Redaktion der Zeitschrift „Stimme der Frau“
sowie als Angestellte beim Zentralkomitee der KPÖ. Nach ihrer Pensionierung (um 1980)
war sie in der Bezirksorganisation der Partei im 23. Bezirk aktiv und trat als Zeitzeugin
und ehemalige Widerstandkämpferin bei zahlreichen Veranstaltungen und Diskussionen
auf. Sie war unter anderem Mitglied des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, der Alfred
Klahr Gesellschaft, des Bundes Demokratischer Frauen und der Gruppe „Frauenhetz“. Für
ihre Tätigkeit im Widerstand wurde ihr 1978 das Ehrenzeichen für Verdienste um die Be-
freiung Österreichs verliehen. Sie ist außerdem Trägerin verschiedener Auszeichnungen für
ihre jahrzehntelange Zugehörigkeit zur KPÖ und zum ÖGB. G. Sp. ist bis heute Mitglied
der Kommunistischen Partei und lebt in Wien.
Qu.: DÖW 5.733c, DÖW 19.793/154, DÖW 21.487/2 (Erinnerungsbericht von Gertrude
Springer über ihren Transport von Krems nach Berlin), Mitteilungen von Käthe Sprin-
ger-Dissmann, Wien, 2009.
W.: „Was geschah vor mehr als 50 Jahren? In: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft,
Nr. 4, 1995“, „Mittag“, Gedicht aus dem Gefängnis (veröffentlicht in der Zeitschrift „Tage-
buch“) sowie weitere unveröffentlichte Gedichte. Gesammelte Briefe aus dem Gefängnis
1941–1945 (Typoskript, unveröffentlicht)
L.: Schütte-Lihotzky 1994, Tidl 1976
Christine Kanzler
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika