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Auch wenn die Organisation des Alltagslebens sich zeitweise schwierig gestaltete, führte E.
in Regensburg ein recht privilegiertes Leben. Sie lässt sich für die Begeisterung des gerade in
Mode gekommenen Tabakrauchens anstecken, und sie will sich auch eine der neuen Tabak-
pfeifen aus Holz beschaffen. Sie begeistert sich fürs Gärtnern, auch wenn sie selbst über keinen
eigenen Garten verfügte, und beschaffte für ihren Sohn Gundaker verschiedene Blumenknol-
len und -samen, Sträucher und Pflanzen und beteiligt sich so an der zum Gesellschaftssport
avancierten Züchtung und Weitergabe seltener Pflanzen.
Als E.s Halbschwester Christina von Kainach, die die letzten Jahre ihres Lebens größtenteils
auf Gut Enzersdorf verbracht hat, 1683 stirbt, versucht sie das Gut, auf dem sie ihre Kindheit
verbracht hatte, an sich zu bringen. Im Erbschaftsstreit geht sie schließlich im Oktober 1684
als Siegerin hervor. Aber als Schlossherrin war ihr kein Glück beschieden. Die Investitionen,
die sie zu tätigen hatte, waren höher als der Ertrag. Auch wenn sich in Enzers
dorf die Ge-
genreformation noch nicht durchgesetzt hat, kann sie ihre Religion dort nicht ausüben. Nach
nicht einmal zwei Jahren veräußert sie das Gut an ihren Sohn Gundaker.
Zu E.s Prinzipien gehörte es, mit Geld sorgsam umzugehen, auch wenn sie durchaus als Witwe
eine vermögende Frau war. Laut ihrem am 28. Juni 1689 aufgesetzten Testament verfügte sie über
ein Vermögen von 101.344 Gulden und einem Schuldenstand von 8.000 Gulden. Bis zu ihrem
Tod hatte sich ihr Vermögen noch um weitere 3.000 Gulden vermehrt und war auf 104.344 Gul-
den angewachsen.
Nach längerer Krankheit war E. v. St. am 20. Juni 1697 in Regensburg gestorben. Regensburg war
ihr nie zur zweiten Heimat geworden. Anders als ihre drei Halbschwestern, die schon in Regens-
burger Erde ruhten, wollte sie nicht in Regensburg begraben werden, wie sie bereits 1691 mit
Gundaker vereinbart hat. So wurde E. wohl ihrem Wunsch gemäß in der, der heiligen Elisabeth
geweihten, Wallfahrtskirche in Altenberg bei Linz am 28. Februar 1698 begraben. Die Filialkir-
che Altenberg gehörte damals zur Pfarre Gallneukirchen, die der Starhembergischen Herrschaft
Riedegg unterstand, sodass E.s Sohn Gundaker Patronatsherr war. Die Gruft mit E.s Kupfersarg
wurde mit einem langen Stein abgedeckt, in dessen Mitte ihr Wappen eingemeißelt war.
Jedoch war ihr nach ihrer Bestattung in der Altenberger Kirche aufgrund ihres evangelischen
Glaubens keine Ruhe beschieden. 1754 soll man sich in Altenberg der in der Kirche begrabenen
Protestantin erinnert haben. Der Sarg wurde gehoben und mit Ruten geschlagen, um so den
Makel der Bestattung einer Protestantin in der katholischen Kirche von Altenberg zu korrigieren.
Diese Geschichte wurde aufgrund mündlicher Überlieferung vom Pfarrer in Altenberg Mi-
chael Krakowitzer zwischen 1850 und 1874 rekonstruiert und aufgeschrieben. Ob sich diese
Leichenauspeitschung auch tatsächlich so abgespielt hat, ist nicht mit letzter Sicherheit zu
sagen; die Geschichte bezeugt aber die Irritationen, die es auslöste, wenn eine Protestantin in
einer katholischen Kirche ihr Grab fand.
W.: E. v. St. hat 371 Briefe hinterlassen (Oberösterreichisches Landesarchiv, Starhemberg-
Ar
chiv, Schachtel 48, Nr. 73). Geschrieben wurden diese Briefe zwischen 1670 und 1697,
mehr als 90 % davon in Regensburg, wo sie seit 1677 bis zu ihrem Tod lebte. Briefempfänger
ist zumeist ihr ältester Sohn Gundaker, in wenigen Fällen sind auch Briefe an andere Fami-
lienmitglieder oder sonstige Bekannte erhalten.
L.: Bastl 2000, Mayr-Kern 1996, Schnabel 1992, Schwerdtling 1830
Ingrid Roitner
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika