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Thomasina | T 3293
zweisprachig auf, deutsch und italienisch. Magdalena Iserin, geboren um 1512 in Italien,
wo ihr Vater im Heer Kaiser Maximilians I. als Dolmetscher diente, später Magdalena de
Porris, noch später auch Magdalena Wilhalmin genannt, heiratete den Kaufmann Martin
Groß, der als italienischer Glaubensflüchtling nach Ravensburg gekommen war. Martino
de Petro genannt Groß, erlangte 1548 das Bürgerrecht in Ravensburg, saß 1549 und noch
1551 als Zunftmeister im Ravensburger Rat; 1552 versteuerte er ein Vermögen von 1668
Mark. Die adelige Herkunft des Martino de Petro wurde jedoch in Ravensburg nicht an-
erkannt, er blieb im Handwerkerstand. Nach dem Tod seiner Schwester Magdalena, deren
Ehe mit Martin Groß kinderlos blieb, prozessierte ihr Bruder Rheticus seit 1554 vor dem
Stadtgericht Krakau mytt ßeynem Schwoger Mertin Groß Burger zu Rauenspurgk um das Erbe
seiner Schwester und Mutter. Georg Joachim wurde unter dem Gelehrtennamen Rheticus
bekannt. Sein Freund Girolamo Cardano nannte in Giorgio Porro. Er war ein Schüler Phi-
lipp Melanchthons, wirkte als Professor der Mathematik in Wittenberg und Leipzig, lehnte
ehrenvolle Berufungen nach Wien und Paris ab und verbrachte seit 1554 viele Jahre als Arzt
in Krakau. Er ist 1574 in Kaschau (heute Košice) gestorben. Er wurde seit 1540 bekannt als
Künder des kopernikanischen Weltbildes. Zugleich war er ein Anhänger der Lehren des
Paracelsus.
Th. de P.s Stiefsohn Bartholomaeus Wilhelmus Brigantinus immatrikulierte sich an der Uni-
versität Leipzig, an der ihr Sohn Rheticus lehrte; er war offenbar dessen Schüler. Ein Ge-
such Georg Wilhelms bei der Regierung in Innsbruck, seinem Sohn die Fortsetzung des
Studiums in Leipzig zuzugestehen, wurde am 18. Februar 1549 abgelehnt. Barthomoläus
Wilhelm brach daraufhin sein Studium ab; er ist 1553 in Bregenz als Wirt zum „Mohren-
könig“ in der Kirchstraße bezeugt († nach 1585).
Die Persönlichkeit der Th. de P. ist mangels entsprechender Quellen nur sehr schwer
greifbar. Ihr Inventar mit Silbergeschirr (teilweise mit Adelswappen verziert), Kleinodien,
kostbaren Gewändern und zahlreichen Devotionalien lässt Schlüsse auf den Status einer
reichen und besonders frommen adligen Dame zu. Als Mutter zweier unmündiger Kinder
hat sie 1528 bei der Regierung in Innsbruck vergebens versucht, mit hohem finanziellem
Aufwand die drohende Hinrichtung ihres Ehemanns abzuwenden. Als man bei ihrem
Sohn Georg Joachim 1547 in Lindau eine Besessenheit diagnostizierte, drängten ihn Ge-
org Wilhelm und Th. de P. heftig, zu dem Heiligtum des Sankt Anastasius in Vergaville bei
Dieuze in Lothringen zu pilgern, wo viele Besessene Heilung gefunden hatten. Als über-
zeugter Protestant weigerte sich Rheticus jedoch, dieser Aufforderung nachzukommen.
Er suchte Erlösung allein in Christus, empfahl sich der Kirche und ihren Gebeten und
ging immer innerlicher zum Abendmahl, sowohl in Lindau als auch bei seiner Schwester
Magdalena in Ravensburg. Der amerikanische Autor Ulrich Maché hat Th. de P. ein lite-
rarisches Denkmal gesetzt: in sechs fingierten Briefen berichtet ihr der Sohn über sein
Leben in Preußen 1539.
L.: Bilgeri 1948, Bilgeri 1965, Burmeister 1967/68, Burmeister 1996, Burmeister 1997, Bur-
meister 2006, Dreher 1966, Haefele 1927, Maché 2005
Karl Heinz Burmeister
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
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- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika