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desschulinspektors an. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wurde sie in einem Indizienprozess
wegen versuchten Giftmordes angeklagt, allerdings nur der Verleumdung schuldig gesprochen
und war bis Juli 1919 in Haft. Als Verlagsangestellte des Konegenverlages geriet sie wenig
später neuerlich unter den Verdacht der Giftmischerei. In beiden Fällen war der vermeintliche
Einsatz des Giftes ein vermutetes Beziehungsdelikt in Liebesverhältnissen mit verheirateten
Männern. Sie war 1922–1923 in Untersuchungshaft und wurde im Dezember 1923 verurteilt.
Ihr Prozess erweckte internationales Interesse. Auch Karl Kraus engagierte sich für E.
T.
E. T. veröffentlichte 1924 das Buch „Weiberzelle 321“ und schilderte darin ihre Hafterinne-
rungen. Anfang 1925 wurde sie begnadigt. Sie wandte sich in der Folge unter dem Pseudo-
nym „Elisabeth Thury“ dem Journalismus zu. Die „Wiener Allgemeine Zeitung“ brachte
unter anderem E. T.s Berichte über den Wiener Justizpalastbrand (1927). E. T. schrieb auch
für sozialdemokratische Medien wie „Die Unzufriedene“ und die „Arbeiter-Zeitung“. In der
Periode des Austrofaschismus war sie für ausländische Medien und Agenturen, vor allem für
„United Press International“ tätig. Nach einem Bericht über die Rosenkranz-Demonstration
(1938) wurde E. T. am 1. 9. 1942 verhaftet und im August ins Konzentrationslager Ravens-
brück verschleppt. Dort übernahm sie im Februar 1944 die Leitung der „Lagerpolizei“. Kurz
vor der Befreiung wurde sie „Lagerälteste“. Ihre Aktivitäten als „Funktionshäftling“ wurden
von Mithäftlingen widersprüchlich beurteilt. Beim Hamburger-Ravensbrück-Prozess wur-
de sie auf Protest von Häftlingen anderer Nationen nicht zugelassen, obwohl sie als Zeugin
geladen worden war. Angeblich hatte sie ihre Machtstellung missbraucht: „Sie hat sehr viel
für die Häftlinge getan und sich doch nicht dem Widerstandskreis angeschlossen. Da sie
als sehr intelligent beschrieben wird, kann ihr Verhalten auch als kluge Taktik gesehen wer-
den. Sie pflegte guten Kontakt mit der Oberaufseherin, schrie mit den Häftlingen lautstark
herum und schlug diese auch bisweilen. Andererseits konnte ihr Anna Hand, die guten
Kontakt mit ihr hatte, die Wünsche der illegalen Organisation zur Kenntnis bringen, die
im Allgemeinen erfüllt wurden. E. T. hatte die Möglichkeit, der Oberaufseherin Vorschläge
zu machen, die in der Regel auch durchgingen. Sie machte auch immer wieder von der
Möglichkeit Gebrauch, Strafmeldungen der Blockältesten zu unterdrücken und diese nicht
an die Oberaufseherin weiterzuleiten.“ (Brauneis S. 343 f). Ab 1945 war E. T. wieder als
Journalistin tätig und beteiligte sich an der Gründung der Austria Presse Agentur. E. T. war
ab 1946 als Journalistin für die APA (Austria Presseagentur) tätig.
Qu.: Datenbank „Nicht mehr anonym“, Arbeiterbewegung, DÖW, Tagblattarchiv (Perso-
nenmappe).
W.: „Weiberzelle 321.Tagebuch aus der Haft“ (1924)
L.: Brauneis 1974, Füllberg-Stolberg 1994, Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek
1982, Wikipedia
Ticho Anna; Malerin
Geb. Brünn, Mähren (Brno, Tschechien), 27. 10. 1894
Gest. Jerusalem, Israel, 1. 3. 1980
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Pinhas Ticho; Mutter: Berta Braun.
Ausbildungen: Begann mit 15 Jahren in Wien Malerei zu studieren und besuchte später die
Kunstakademie in Wien und Paris.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika