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LebenspartnerInnen, Kinder: Harry Williams (1924 –1983), alias Harry Wunder, aus Wien,
der im britischen Exil von der Special Operations Executive (SOE) angeworben wurde, um im
April 1945 über der Rossbachalpe in der Steiermark mit dem Fallschirm abzuspringen. Ge-
meinsam mit seinem Kameraden Charles Kaiser unterstützte er in den letzten Kriegstagen
den lokalen Widerstand in Knittelfeld. Eine Tochter, ein Sohn.
Ausbildungen: V. W. besuchte das Gymnasium in Wien und wollte eigentlich Ärztin werden.
Laufbahn: Im April 1939 gelang es ihr, mit einem über eine jüdische Jugendorganisation
erhaltenen Permit nach England zu flüchten. Obwohl nun in Sicherheit, war das Leben für
die Tochter aus gutsituiertem Haus mit einem sozialen Abstieg verbunden. Sie musste u. a.
als Kindermädchen in Clacton-on-Sea im Osten Englands arbeiten. Nach der britischen
Kriegserklärung Anfang September 1939 wurde sie vor eines jener alien tribunals geladen,
das die Flüchtlinge je nach Gefährdung für die nationale Sicherheit in verschiedene Kate-
gorien unterteilte. V. wurde als friendly enemy alien eingestuft und konnte daraufhin eine
Ausbildung zur Krankenschwester beginnen, die sie später mit einem Diplom abschloss.
Dies war mit einem gesellschaftlichen Prestigegewinn verbunden, hatten doch nurses in
Großbritannien ein gewisses soziales Ansehen.
1944 heiratete sie Harry Williams, kurz bevor dieser nach Italien verlegt wurde. Damit be-
gann eine Phase der Ungewissheit, denn Agenten des Geheimdiensts SOE durften während
des Einsatzes ihren Verwandten keinerlei Nachrichten zukommen lassen. So musste V. bis
zum Sommer des nächsten Jahres warten, ehe Harry nach England zurückkam, um schon
bald danach wieder versetzt zu werden, diesmal in die britische Besatzungszone Deutsch-
lands, wo er im Rahmen der British Army of the Rhine als Übersetzer eingesetzt wurde. V.,
mittlerweile Mutter einer Tochter, übersiedelte mit dieser nach Belgien, um leichter Kontakt
zu ihrem Mann zu halten.
Nach der Demobilisierung Harrys im August 1947 zog die Familie wieder nach London,
wo er in der Privatwirtschaft Fuß fassen konnte. 1960 kam es aus familiären Gründen dann
doch noch zu einer – späten – Rückkehr nach Österreich. Wie in anderen gleichgelagerten
Fällen, in denen die Lebenspartnerinnen ihr Zufluchtsland nicht verlassen wollten, wäre
auch V. gerne in England geblieben, während ihr Mann aus beruflichen Gründen die Trieb-
feder für die Remigration war, da er von einem Verwandten die Übernahme der General-
vertretung der Schokoladenfirma „Tobler“ in Aussicht gestellt bekam.
Zurück in Österreich, widmete sich V. zunächst der Kindererziehung, nachdem sich die Fa-
milie durch einen Sohn vergrößert hatte. Engagierte sich daneben aber auch, als sie in ihrer
Familie mit einem Fall von Hämophilie konfrontiert wurde, bald im Hämophiliezentrum, das
Prof. Erwin Deutsch an der 1. Medizinischen Klinik am Wiener Allgemeinen Krankenhaus
eingerichtet hatte. 1970 übernahm sie, von Deutsch ermuntert und gefördert, für dreizehn
Jahre die Leitung der Österreichischen Hämophilie Gesellschaft und vollzog damit den Über-
gang von der „Ärztegesellschaft zur Patientengemeinschaft“. Nicht zuletzt durch Idee und
Organisation von Ferienlagern für hämophiliekranke Kinder gelang es V. W., wesentliche In-
novationen vor allem in der praktischen Behandlung dieser meist jugendlichen Patienten zu
schaffen und ihnen verbesserte Lebensbedingungen und letzten Endes auch neue berufliche
Perspektiven zu bieten. Nach dem frühen und unerwarteten Tod ihres Mannes musste sie
dessen Geschäfte alleine weiterführen und sich von ihren sozialen Tätigkeiten zurückziehen.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika