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aus der römisch-katholischen Kirche aus. In diesem Jahr lernt sie auch den Lienzer Volks-
schullehrer Alois Zeiner (geb. am 30. Juni 1900) kennen. Er ist bereits am 14. Februar 1933
aus der Kirche ausgetreten. Wahrscheinlich ist A. Z. durch ihn mit der Lehre der Bibelfor-
scher in Kontakt gekommen. Sie geht mit ihm in Lienz zunächst eine Lebensgemeinschaft
ein. Nachdem Alois Zeiner angeblich aufgrund eines „Zerwürfnis mit der Geistlichkeit“ im
Jahr 1929 (Anklageschrift vom 11. September 1941) seinen Lehrberuf aufgeben muss, wird
er Buchhalter. A. heiratet am 3. Juni 1939 Alois Zeiner in Klagenfurt, nachdem sie kurz
vorher dorthin gezogen sind. Sie wohnen in der Rosentalerstraße 31. Ihr Mann Alois findet
eine Anstellung als Buchhalter beim städtischen Gaswerk. Weil er sich weigert, der DAF
beizutreten wird er gekündigt, findet aber schließlich bei der Firma Shell Arbeit als Buch-
halter. Als Hitler nach Klagenfurt kommt versteckt sich A. Z. in einer Baumkrone, um das
Geschehen zu beobachten. Wie sie später erzählt, berührte sie das Gesehene sehr negativ.
Am 11. September 1941 wird A. Z. offensichtlich noch auf freiem Fuß zusammen mit ihrem
Mann bei einem Sondergericht in Klagenfurt angeklagt. Sie hätten ihren Sohn Karl Zwenig
„in seinem Entschluss bestärkt, die Leistung des Eides und des deutschen Grußes sowie
das Anlegen der Uniform des RAD zu verweigern. Sie sind somit dringend verdächtig es
unternommen zu haben einen anderen der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht ganz zu
entziehen und eine wehrfeindliche Verbindung unterstützt zu haben“ (Anklageschrift vom
11. September 1941). A. Z.s 18-jähriger Sohn Karl Zwenig jun. ist bereits am 4. Dezember
1940 gemustert und für den 7. Februar 1941 ins Arbeitsdienstlager in Lichendorf (Steier-
mark) einberufen worden. Dort weigert er sich die Uniform anzuziehen und den Eid sowie
den deutschen Gruß zu leisten, weil dies seinen religiösen Vorstellungen widerspräche. Bei
dieser Weigerung bleibt er auch, als über ihn mehrmals Arreststrafen verhängt werden, so
dass er schließlich der Gestapo übergeben wird. Aus dem Arbeitsdienstlager schreibt Zwe-
nig mehrmals Briefe an seine Mutter. A. Z. und Alois Zeiner schreiben ihm am 6. März 1941
einen Brief, in dem sie ihn trösten, dass „die Prüfung nicht lange dauern werde“ und ihn zum
Aushalten ermuntern (Anklageschrift gegen A. und Alois Zeiner). A. Z. ist selbst überrascht
über die Haltung ihres Sohnes, da sie eher den Eindruck gehabt hat, dass er sich nicht für
ihre Religion interessiert. Karl jun. hat ihr gegenüber auch keine Andeutungen über seine
Absicht den Dienst zu verweigern gemacht. Der Staatsanwalt führt aus: „Als sie aber durch
seine Briefe von seinem Entschluss erfuhren, hatten sie allerdings nichts unternommen, ihn
davon abzubringen, ihn im Gegenteil darin bestärkt. Eine andere Handlungsweise würde
ihrer religiösen Überzeugung widersprechen und sie könnten ihrem Sohne auch dann nicht
zureden, den Eid zu leisten und die Arbeitsdienstpflicht zu erfüllen, wenn deren Verweige-
rung für ihn die schlimmsten Folgen hätte.“ (Anklageschrift). Karl wird am 4. August 1941
ins Konzentrationslager Dachau gebracht und am 5. Dezember 1942 entlassen. Was dann
mit ihm geschieht, ist nicht bekannt. Karl wandert nach dem Krieg nach Kanada aus. A. Z.
wird am 30. September 1941 vom Sondergericht Klagenfurt wegen des Delikts „Wehrkraft-
zersetzung“ zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt. Einen Tag nach ihrem Mann wird sie am
28. Oktober 1941 von der Gestapo abgeholt und im Gefängnis des Klagenfurter Landesge-
richts inhaftiert. Am 3. November wird sie ins Frauenzuchthaus Aichach (Bayern) überstellt,
wo sie bis am 27. April 1943 ihre Strafe verbüßt und danach wieder nach Klagenfurt zurück-
kehrt. Später erzählt A. Z. mehrmals vom schrecklichen Hunger, der dort unter den Gefan-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 3, P – Z
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1238
- Kategorie
- Lexika