Seite - 13 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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wandtschaft bemühte sich, den harten Sinn meines Vaters zu er-
weichen, und nach vielemFür undWider wurde mir zu meiner großen
Freude der Platz zuteil.
Ichkam in das Kadetteninstitut Eisenstadt (Kismarton), nachdem
ich meinem Vater heilig versprochen hatte, daß ich das letzte Gym-
nasialsemester mit Vorzug absolvieren würde, was mir auch gelang.
Der Abschied vom Elternhaus! Man bedachte mich mit Segens-
wünschen, Geschenken und Stammbuchblättern. Eines lautete:
„Einst waren Zeiten, da galt die Kraft, das Schwert,— Als solcher
war der Krieger schon geehrt.— Gottlob, die sind vorbei. Er gut
wie jedermann— nur was er ist und denkt und was er kann!"—
Der damaligen Zeit entsprach dies wohl nicht, doch sah der Verfasser
eine folgerichtige Entwicklung voraus.
Meine Abfahrt aus der Vaterstadt erfolgte an meinem Namenstag.
Regen strömte vom Himmel. Unsere alte Köchin deutete es im gün-
stigen Sinne. ,,Das bringt Glück, junger Herr!" rief sie ein über das
andere Mal, und fast hätte die gute Alte recht behalten . . .
„Wien, du Stadt meiner Träume", hätte man mir auch damals
singen können. Die Kaiserstadt war mir wie eine heilige Stätte.
Alles entzückte mich, und das alteHotel ,,ZumStern" aufder ,,Brand-
stätte" schien mir ein ehrwürdiger Palast. Mitdem Stellwagen fuhren
wir dann, Vater und ich, mit noch anderen Vätern und ihren Söhnen
nach Eisenstadt, dem gleichen Ziele zu.
Die Aufnahmeprüfung befähigte mich zum Eintritt in den zweiten
Jahrgang, doch meine Jugendund zarte Konstitution bewogen meinen
Vater, mich in den ersten Jahrgang einreihen zu lassen. Nur die be-
vorstehende Trennung konnte meinen ehrgeizigen Vater zu diesem
Schritt vom Wege in seiner Erziehungsmethode veranlaßt haben.
Seither dachte ich oft, wie sich mein Leben wohl gestaltet hätte,
wenn mein Vater damals konsequent geblieben wäre. Fast immer
sind's nurAugenblicke, die dasLeben einesMenschen bestimmen, imd
meist kann man selbst darauf so wenig Einfluß nehmen ....
Ich schlüpfte in die heißersehnte Uniform und waram Gipfelpunkt
meines Glückes. Nur beim Abschied, als Tränen in Vaters Augen
traten, etwas, das ich nie gesehen hatte, wurde mir schwerumsHerz.
Dannkamen dieKameraden, zogen mich in ihre Reihen, und in diesem
Momente ertönten, zufällig und doch wie zu festlichem Empfange,
die Klänge der Volkshymne aus dem Zimmer eines Offiziers. Diese
Klänge haben mich mein Leben lang zu tiefst erfaßt, nie aber stärker
als in jener Stunde. Ich fühlte in meinem jungen Herzen, daß ich vor
meinem ersten Lebensabschnitt stehe.
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918