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Kapitel II
Im Kadetteninstitut
Bevor ich zur Schilderung meiner persönlichen Erlebnisse während
meiner militärischen Ausbildung schreite, möchte ich über die Ver-
hältnisse des militärischen Erziehungswesens im alten kaiserlichen
Österreich sprechen.
Nach Abschluß der großen militärischen und politischen Ereignisse
der Jahre 1848/49 stellte man das militärische Erziehungswesen auf
eine den Verhältnissen entsprechende Grundlage. Die hieraus ent-
standenen Institutionen hatten eine gewisse Großzügigkeit, wie ja
der Beginn des stramm absolutistischen und zentralistischen Systems
einen mächtigen Schaffensdrang auf den meisten Gebieten des Staats-
wesens auslöste. Talentvolle Mitarbeiter wie Bach, Brück, Heß,
Wüllersdorf, Schmerling usw., schufen Rühmenswertes, das aller-
dings oft durch den bestimmenden Einfluß hochmögender Dilettanten
wieder verdorben wurde. Und schließlich war die Zeit des schranken-
losen Absolutismus, den nur mehr der Druck äußerster Polizeigewalt
aufrecht hielt, abgelaufen. Der nächste große Echec mußte ihnum-
werfen. Auch ein sorgsam gehegter Baum fällt dem Sturm zum
Opfer, wenn er innerlich hohl geworden ist.
Das leitende militärische Erziehungsprinzip war: möglichst viele
jugendliche Bewerber in Aufzucht zu nehmen und daraus einen festen
Stamm berufstüchtiger, dynastisch gesinnter, unbedingt verläßlicher
Elemente zu bilden. Diese sollten den Rahmen für ein Offizierskorps
abgeben, das gewissermaßen den spezifischen Machtausdruck des
kaiserlich österreichischen Staatsgedankens repräsentierte. Daran
hätten alle Nationen partizipieren sollen, allerdings bei Ausschluß
eines speziellen Nationalgefühls, wenn dies nicht etwa ein gemäßigtes
Deutschempfinden war, da man den Unterrichts- und Ausbildungs-
modus auf deutscher Basis aufgebaut hatte. Österreichisch-deutsch,
besser gesagt: habsburgisch-deutsch (schwarz-gelb) imd nicht etwa
großdeutsch (schwarz-rot-gold). Es war ein ,,Germanisieren zwecks
Austriazisierens". Ein letzter großzügiger Versuch, aus dem ganzen
Reiche einen einheitlichen Staatskörper zu bilden, indem das deutsche
Element oder wenigstens die deutsche Sprache das verzweigte Nerven-
system darzustellen gehabt hätte.
In der Grundidee waren zwei Ausbildungsziele maßgebend.
Das eine bildete Söhne aus den mittleren und oberen Ständen in
schulmäßiger Erziehung direkt zu Offizieren heran. Dazu bediente
man sich der Kadetteninstitute, deren Zöglinge dann in die Militär-
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918