Seite - 38 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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Ziehungspunkt bot der Kursalon im Stadtpark, wo Cvitkovic und
ich oft in Gesellschaft meines ausgezeichneten Onkels Josef weilten.
Und da dessen Tochteri) die Bühnenlaufbahn betreten hatte, fanden
sich ab und zu auch Vertreter der Kunst ein, wodurch wir eine andere
Welt kennen lernten.
Josef von Auffenberg^) hatte auf meine Lebensführung und An-
schauung einen entscheidenden Einfluß. Er war mir ein warmer,
väterlicher Freund, dem ich ein dankbares Andenken bewahre.
Wenngleich nur Hauptmann des Armeestandes, reichte sein persön-
licherEinfluß doch viel weiter, nichtnur weil er derAkademiekamerad
hoher Funktionäre— z. B. des Kriegsministers Baron Kuhn— war,
sondern weil man ihm auch allseits große Wertschätzung entgegen-
brachte.
Mit besonderem Vergnügen besuchten wir drei jungen Offiziere
die Hoftheater, deren Stehplätze den Offizieren nahezu kostenlos zur
Verfügung standen. Im eben eröffneten Opernhaus wurden wir
völlig Stammgäste, und noch heute freue ich mich, wenn ich die
Melodien der damals gehörten alten und neuen Opern vernehme.
In lebhafter Erinnerung stehen mir noch die ersten großen Kaiser-
manöver mit ihrer imposanten malerischen Aufmachung und die
ersten Freilager. Kriegerische Stimmungsbilder ohne Blut, allerdings
auch ohne Lorbeer.
Die Weltausstellung 1873 erregte mein lebhaftes Interesse. Ihre
technischen und kulturellen Errungenschaften und auch den ihr
^) Die nachmalige Schriftstellerin Natalie Bruck-Auffenberg. die sich in
späteren Jahren besonders uni die dalmatinische Spitzenindustrie verdient
machte.
2) Josef von Auffenberg, ein Vetter meines Vaters, diente gleich seinem
BruderNorbertim InfanterieregimentNr. 10 (Galizien). Im Jahre 1846machte
sich im Offizierskorps des Regiments ein revolutionärer Geheimbvmd geltend.
Norbert Auffenberg war ein eifrig tätiges Mitglied, Josef nur Mitwisser des
Bxmdes. Ein Zufall führte zur Entdeckung. Teilnehmer und Mitwisser wurden
zum Tode verurteilt, darni zu Zwangshaft begnadigt. Die beiden Brüder
Auffenberg wanderten in die Festung Josefstadt. 1848 amnestiert, tratNorbert
unter dem Namen Ormay bei den Honved ein, wo er sogleich Hauptmami
wurde. Josef ließ sich bei den Wiener FreiwilHgen assentieren, wurde Obei-
jäger, bei Novara schwer verwvmdet vmd mit der großen Tapferkeitsmedaille
ausgezeichmet. Zvun Offizier ernannt, erfreute er sich allgemeiner Sympathie,
so daß ihn Radetzky als persönlichen Quartiermeister zu sich nahm. Norbert
wurde als Oberstim Generalstabe Görgeys nach Vilagos gefangen und füsihert.
Seine Witwe, eine ungarische Gräfin, floh über Konstantinopel nach Brasihen,
wo sie einen reichen Pflanzer heiratete. Nach ihrem Tode hinterließ sie ihr
bedeutendes Vermögen ihrem Sohn— falls er noch lebe— , den sie bei ihrer
Flucht aus Ungarn auf gut Glück zvuückgelassen hatte. Einen Moment lang
schien es, als ob dieses Vermögen mir zufallen könnte. Dann fand sich der
Sproß in einem kleinen Beamten, bei dem das Erbe jedoch keinen langen Be-
stand hatte.
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918