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Sehr strenge wurde in der Kriegsschule die Schuldisziplin be-
trieben. In dieser Hinsicht merkte man nicht, daß man sich an einer
ersten Hochschule befand, die von Offizieren, darunter auch älteren,
frequentiertwurde. DiesesSystemnahm auf dieCharakterentwicklung
keinen günstigen Einfluß, und so manche Eigenheiten der General-
stabsoffiziere lassen sich darauf zurückführen.
Während des ersten Schuljahres (1875—1876) wurde der General-
stab wieder als ein in sich geschlossenes Korps aufgestellt. Er war
unter Kuhn aufgelöst worden, und die den Generalstabsdienst ver-
sehenden Offiziere hatten als obersten Chef nur einen ,,Iyeiter" (den
früher genannten General Gallina), der aber dem Kriegsminister
vollkommen unterstellt war. Kuhn trug hierbei der großen Ani-
mosität Rechnung, deren sich der Generalstab, mit Recht oder Un-
recht sei dahingestellt, sowohl in der Öffentlichkeit als in der Armee
erfreute. Nach seinem Rücktritt (1876) war jedoch jene Animosität
teilweise geschwunden und man erblickte im geistigen Inspirator
von Custozza, Feldzeugmeister John, die richtige Persönlichkeit für
die Stelle eines Chefs in dem neu zu errichtenden Generalstabskorps.
Bei dieser Wiedererrichtung wirkte wohl auch der Nimbus mit, der
vom Namen ,,Moltke" und vom deutschen Generalstab weit über
die Grenzen Deutschlands strahlte und der dahin führte, daß in allen
Staaten ein geschlossener Generalstab nach deutschem Muster einge-
führt, resp. wiedereingeführt wurde. Bei uns bestand diese Insti-
tution über 40 Jahre, nicht ohne berechtigte Einwände, denn sie bil-
dete sich immer mehr zu einem Staat im Staate aus, mit einem eigen-
artigen Korpsgeist, der nicht frei von Unzuträglichkeiten war, die
sich oft in nachteiliger Weise geltend machten. Die Organisation
des Generalstabes, das Verhältnis seines Chefs zum verantwortlichen
Kriegsministerund zum Minister des Äußeren waren immerund über-
all eine sehr schwierige Sache und eigentlich nur dann gut zu lösen,
wenn auf allen diesen drei Posten besonders geeignete und nicht
allzu selbstische Männer standen, oder wenn sich einer besonders
prädominanten Persönlichkeit alles fügte.
Die Mappierungsübung am Schlüsse des ersten Jahres führte mich
nach Adelsberg, weltberühmt wegen seiner Grotten und Höhlen.
Inmitten wilden Karstes gelegen, ergaben sich für Anfänger in der
Mappierungskunde wohl höchst schwierige Aufgaben. Nach Abschluß
derArbeiten fuhrichnach Triest, zumerstenmal ansMeer ! Das istnun
über 40 Jahre her, doch noch heute empfinde ich die Offenbarung, die
mich erfüllte, als ich in leuchtender Morgensonne vor mir sah die
blauendenFluten der wogendenAdria. MitwelcherWehmutdenkeich
jetzt zurück. Das verloreneMeer ! Ein Teil der unendlichenTragödie !
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918