Seite - 49 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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Sie benahmen sich herausfordernd, versuchten in der Nacht zu fliehen
und wurden dabei erschossen. Den Säbel und den Pferdezaum des
Begs besitze ich noch heute.
Zweieinhalb Bataillone sollten den Feind beschäftigen, der Rest
seine Flanke umgehen. Da der Feind während der Nacht eine etwa
7 km weiter rückwärts gelegene Stellung bezogen hatte, mußten wir
einen längeren Vormarsch absolvieren, was in dem schwierigen, un-
übersichtlichen Terrain Veranlassung zu Trennungen gab, so daß die
Frontgruppe schon in den Kampf getreten war, bevor wir davon
Kenntnis hatten. Erst mittags wurde uns die Situation klar, doch
hatten wir mittlerweile auch Fühlung und Anschluß mit dem Nach-
barkorps (III.) gefunden.
Wir bogen schleunigst links ab. Vorauseilend gewahrte ich eine
lange dichte Rauchlinie längs eines Höhenkammes— die gegnerische
Kampfesfront, die uns den Rücken zukehrte. Ein Zeichen, daß die
Umgehung vollkommen geglückt war. Toll vor Freude, stieß ich
völlig unartikulierte Laute aus, als ich dem Brigadier die Situation
meldete. Leider konnte aber die Kolonne auf dem steilen, verwachse-
nen Saumweg nur mühselig und langsam vorwärts kommen, so daß
die gegnerische Front Zeit hatte, abzubauen und auf dem gegenüber-
liegenden Höhenkamm den Rückzug anzutreten.
Am Abend erreichten wir eine dominierende Höhe, von der man
das Spredatal, den Vorrückungsraum des III. Korps, und die Straße
von Bröka nach Tuzla, den Vorrückungsraum des eigenen Korps,
sichten konnte. Ein erhebender Anblick war's, den riesigen Halb-
kreis von Lagerfeuern zu sehen, und man gewann das sichere Ge-
fühl, daß der Gegner diesem gemeinsamen konzentrischen Andringen
nicht werde widerstehen können.
In den Morgenstunden kamen Trupps christlicher Landleute,
namentlich die armen, verprügelten katholischen Kmeten, und be-
richteten, daß Tuzla vom Gegner geräumt sei, und daß dieser teils
gegen die Romanja abgezogen war, teils sich zerstreut habe. Just
an meinem Namenstag erfolgte bei strömendem Regen der kampf-
lose Einmarsch in Tuzla, an dessen Ostlisiere wir ein feuchtes Lager
bezogen.
Einige Tage danach traten wir den Vormarsch gegen Zwornik an.
Bei ununterbrochenen Regenströmen blieben die meisten Fuhrwerke
auf den elenden türkischen Straßen stecken, fast alle Brücken waren
verstört, und auf der Straßensteile vor Zwornik konnten die Reiter
nur abgesessen heruntergelangen.
Zu irgendwelcher Kampfesaktion kam es nicht mehr, und als wir
inZwornik mit klingendem Spiel—komischerweise nach den Klängen
4 Auffenberg ^Q
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918