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des damals sehr beliebten Gassenhauers „Höher Peter"— einzogen,
bewarfen uns die Judenrnädels mit Blumen.
Nach beendeter Operation verließ ich ohne Bedauern das düstere
Türkennest. Doch auf meine erste Kriegskampagne sah ich mit
wenig Befriedigung zurück. Wohl hatte ich getan, was ich hatte tun
können, aber eine sichtbare äußere Auszeichnung, für die ich wie
jeder junge Offizier empfänglich gewesen wäre, blieb aus.
c) In Budapest
Nach der Demobilisierung war der Stab der 31. Division und jener
der 61. Brigade wieder nach Budapest in die Friedensdislokation
rückverlegt worden. Daselbst konnte ich mich anfänglich nicht ein-
gewöhnen, weü die dienstlichen Verhältnisse sich unangenehm ge-
stalteten. Ich führte daher ein völliges Einsiedlerleben. Die Stadt
gefiel mir wohl außerordentlich, doch blieb ich dem Getriebe der
Großstadt fremd. Damals weit mehr deutsch als magyarisch, be-
fand sich dortselbst ein vorzüglich geleitetes deutsches Theater, an
dem die ersten Kunstkräfte Deutschlands gastierten, auch die nach-
mals— nicht nur aus Kunstgründen— berühmt gewordene Katha-
rina Schratt. Allerdings war diese Kunststätte schon damals der
Gegenstand lebhafter Agitation seitens radikal-nationaler Elemente,
und als sie dann abbrannte, wurde hierfür kein Ersatz mehr gestellt.
Das politische Treiben schlug hohe Wogen. Der alte Koloman
Tisza war Ministerpräsident, und mit Ausnahme Deaks, der kurz
vorher gestorben war. lebten und wirkten noch alle Paladine des
1867er Ausgleiches. Die waren aber, ob gewollt oder nicht gewollt,
ausnahmslos schon nach links gerückt, in erster Linie der Minister-
präsident— der große politische Schwarzkünstler Tisza der Ältere
— selbst. Ich stand dem allen ziemlich teünahmslos gegenüber,
da mein Interesse für politische Vorkommnisse interner Natur noch
schlummerte.
Im Herbst 1879 verbrachte ich einige Wochen in Czernowitz, das
sich mächtig entwickelt hatte und das Bild einer aufstrebenden
deutschen Mittelstadt bot. Bei der Rückfahrt passierte ich Wien in
dem Momente, als Bismarck zum Abschluß des berühmten Bünd-
nisses dort weilte, das 35 Jahre später die Feuerprobe so rühmlich
und doch so unglücklich bestand.
Gleichzeitig hoben damals die Zänkereien im österreichischen Par-
lament bezüglich des Wehrgesetzes an, besonders hinsichtlich der
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918