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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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gebendsten Stellen mochte manum nicht mehr, doch seines Ansehens und Auftretens wegen wollte man ihm die letzten Konsequenzen zum Rücktritt selbst überlassen. Später machte man mit siegreichen Armeeführern, die den obersten Ingerenzen nicht zu Gesichte standen, weit weniger Federlesens! In politischer Hinsicht machten sich damals in Böhmen die Folgen der Taaffeschen Versöhnungspolitik geltend. Die Konzessionen an die Tschechen wuchsen mit jedem Jahre, ohne deren Zufriedenheit und Willfährigkeit zu erzielen. In Pilsen selbst dominierte die erst kürz- lich zu großem Einfluß gelangte Jungtschechenpartei. Es gab noch wenig ultraradikale Elemente, so daß der Zustand immerhin leidlich war, wenngleich die deutsche und die tschechische Gesellschaft ein- anderstrengemieden. Zu einerwirklichenGeselligkeitkamesaberüber- haupt nicht. Keinerlei Anregung, keinerlei Ansätze zu einer höheren kulturellen, fortschrittlichen Auffassung auf irgendeinem sozialen Gebiete—bezeichnend für diese vonsoreichen Industriellenundwohl- habenden Bürgern bewohnte Stadt. Am 30. Jänner 1889 durchbrauste auch Pilsen die Kunde vom Tode des Kronprinzen Erzherzog Rudolf. Dieses schwerwiegende Er- eignis wirkte um so lähmender, als Todesartund -Ursache in einMy- sterium gehüllt waren und es für die große Menge eigentlich auch weiterhin blieben. Offiziell wurden zwei ganz verschiedene Versionen bekanntgegeben. Dies ließ das Unglück noch düsterer und unerklär- licher erscheinen und den Respekt vor offiziellen Enimtiationen auf den Nullpunkt sinken. Die abenteuerlichsten Einzelheiten wurden kolportiert und trugen just nicht bei, das Ansehen des Herrscher- hauses zu steigern. Dieses konnte damals allerdings eine Diminu- ierung leicht vertragen. Das in den allermeisten Bewohnern der Mon- archie tief eingewurzelte dynastische Gefühl, das sich in dieser Rich- tung bis zur Urteilslosigkeit gesteigert hatte, war eben eine ganz besondere Spezies unseres Staatswesens. In dieser einen Richtung hatte die Dynastie, zumeist im Bunde mit dem Klerikalismus, tat- sächlich Erstaunliches geleistet, was vornehmlich dadurch zum Aus- drucke kam, daß man das Symbol desStaates alsWesen undKern— ja förmlich als Zweck desselben anerkannte. Dadirrch entstand auch der Irrglaube, daß der Staat ohne Dynastie, und speziell ohne diese Dynastie, nicht bestehen könne. Und so geschah es, daß in Österreich nicht nur der Träger der Krone, sondern auch dessen Famüie— alle Mitglieder des Erzhauses— stets zu einem Überfaktor gemacht wur- den. An diese völlig naturorganische Unersetzbarkeit des regierenden HausesglaubtenMillionenund Millionen. Und selbst bei spekulativen, politisch denkenden Köpfen hörte da urplötzlich die Voraussetzungs- 69
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Titel
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Untertitel
Eine Lebensschilderung
Autor
Auffenberg von Komarów
Verlag
Drei Masken Verlag München
Ort
München
Datum
1921
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.4 x 21.6 cm
Seiten
536
Kategorien
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