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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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losigkeit auf. Jener Glaube bildete ein starres unabänderlichesDogma und überdies die Basis, auf der alle politischen Erwägungen aufgebaut und weiterentwickelt wurden. Auch ich war diesem Glauben mit Leib und Seele ergeben. Mein ganzes staatsbürgerliches Empfinden wurzelte darin. — Anfang 1889 begannen in Ungarn gewaltige Demonstrationen bei Verhandlung des Wehrgesetzes. Dagegen wandte man das uralte Mittel der Konzessionen und Konzessiönchen an, und damals ent- stand das Wörtchen ,,und" zwischen dem traditionellen ,,K. k.". DasWehrgesetz, mit vielenFehlern behaftetund fürzehnJahre gültig, wurde schließlich mit größter Mühe durchgebracht. Dessen Novel- lierung erfolgte aber nicht nach den gesetzmäßig vorgesehenen wei- teren zehn, sondern nach wohlgezählten 23 Jahren— gerade in der Zeit, als ich dem Kriegsministerium vorstand. Im August fand die imposante Leichenfeierlichkeit des plötzlich verstorbenen Generales Philippowich statt. Ich sah dabei zum ersten Male Erzherzog Franz Ferdinand in militärischer Funktion: in der bescheidenen Rolle eines Bataillonskommandanten des Infanterie- regiments Nr. 102. Nach Abschluß der im engen Rahmen verlaufenen Herbstmanöver wurde ich an das Krankenbett meines Vaters gerufen, das auch sein Sterbebett werden sollte. Ich halte sein Vorbüd und Angedenken hoch und betrauere ihn noch heute.— Der I.Mai 1890 brachte den ersten ,,Arbeiter-Mai". Für PÜsenund Umgebtmg mit seinen nach Zehntausenden zählenden Arbeitern hegte mangroßeBesorgnisseundtrafumfangreicheVorkehrungen. Angesagte Revolutionen brechen niemals aus. So auch damals. EtlicheWochen später kam es aber doch im Kohlenrevier Nürschan und im Ostrauer Gebiet zu Zusammenstößen zwischen Arbeitermassen und Assistenz- truppen. Die Lohn- und Arbeitsfrage im latenten Kampf des Prole- tariats gegen den Kapitalismus war die Ursache. Es gab auf Seite der Arbeiter Tote und Verwundete. Bei Gesamtbeurteilung der tief ein- schneidenden und nochlangenichtgelöstensozialenFrage isteseigent- lich auch gleichgültig, welche Seite im einzelnen Falle die auslösende \^eranlassung gibt. Zweifelsohnewird dieunaufhaltsamfortschreitende Sozialisierung ändernd eingreifen, aberdasPendelwirdoft wiedernach der anderen Seite ausschlagen, Ungerechtigkeiten und Gewaltakte im Gefolgehaben. Das zeigt sichübrigens just jetzt, bei dergrößtenUm- stülpimg, die dieGeschichte allerZeitenkennt. DiesliegtebeninderUn- voUkommenheit aller menschlichen Einrichtungen imd Bestrebungen, die weder Gesetze noch Religionen auszugleichen vermögen, da ja schließlich auch diese nurEmanationen desmenschlichenGeistessind. 70
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Titel
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Untertitel
Eine Lebensschilderung
Autor
Auffenberg von Komarów
Verlag
Drei Masken Verlag München
Ort
München
Datum
1921
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.4 x 21.6 cm
Seiten
536
Kategorien
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