Seite - 75 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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Da ich kein Jäger bin, interessierten mich diese Verhältnisse nur
insofern, als wegen des zu schonenden Wildes die Übungen oft un-
angenehm beeinflußt wurden.
Das Regiment fand ich besser, als ich es vermutet hatte. Und
eigentlich waren es nur Kleinigkeiten, die,an den maßgebenden Stel-
len verstimmten. Auch wollteman nicht vergessen, daß etliche Jahre
früher die Unteroffiziere eines detachierten Bataillons dem greisen
Kirchenfürsten von Diakovar, Bischof Stroßmayer, ein Huldigungs-
telegramm gesendet hatten, zu einer Zeit, da er infolge seiner Re-
sistenz gegen ungarische Prätensionen in Ungnade gestanden war.
Die Mannschaft des Regiments bestand aus Kroaten, Serben,
Schwaben und etlichen Magyaren, ähnlich wie beim Regiment 96.
Dem höheren Kulturniveau der Slavonier und Syrmier entsprechend,
traf man auch intelligentere Elemente mit relativ umfangreicher
Schulbildung. Speziell die Berufsunteroffiziere bildeten, gleichwie in
den meisten kroatischen Regimentern, eine eigene in sich abgeschlos-
sene Klasse.
Damals, wie schon lange vorher und auch noch 15 Jahre nachher,
waren die Vorsorgen für die Schaffung eines in tmserem Heere be-
sonders notwendig gewesenen Berufsunteroffizierskorps einfach kläg-
lich.Man ließ dieDinge laufen, wie sie ebenliefen, undglaubtemitder
Verleihtmg einigerGoldbörtchen an denÄrmelngenuggetanzuhaben.
Bei den kroatischen Regimentern lagen die Verhältnisse günstiger,
da dort noch das Ansehen und der Respekt vor dem bunten Rock
des Kaisers aus der Zeit der entschlafenen Müitärgrenze bestand.
Wenn man sich Mühe gab, konnte man ganz taugliche Kräfte ge-
wiimen. Dieser Mühe unterzog ich mich gern und konnte mit dem
Resultat zufrieden sein. In erster Linie förderte ich die Heiraten der
Unteroffiziere mit den ziemlich wohlhabenden Töchtern des slavo-
nisch-syrmischen Kleingrundbesitzes. In diesen relativ gut situierten
Unteroffiziersfamilien entwickelte sich ein konservativer Sirm, ein
bescheidenes Herrengefühl, was sich in und außer Dienst durch eine
erhöhte Autorität vorteilhaft geltend machte.
Das Offizierskorps des Regimentes fand ich infolge der abgelaufenen
Vorkommnisse etwas gedrückt. Doch waren sehr viele tüchtige Ele-
mente vorhanden. Ich erkannte es als meine wichtigste Aufgabe,
auf den Geist einzuwirken und die Tradition zu heben. Meinen Ge-
fühlen, meiner Auffassung und meinem eigenen W^erdegang ent-
sprechend, waren es ausschließlich die altösterreichischen kaiserlichen
Traditionen, die ich— womöglich bis zu einem gewissen Fanatis-
mus— zu steigern bestrebt war. Auch das gesellschaftliche Auf-
treten des Offizierskorps akzentuierte ich und trachtete dessen Stel-
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918