Seite - 76 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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lung zu einer dominierenden zu machen. Die Verhältnisse im lebens-
lustigen, nichts weniger als spießbürgerlich gesinnten Essegg gaben
hiefür den geeigneten Boden, und die billigen lyebensbedingungen er-
möglichten eine Reihe von gesellschaftlichen Veranstaltungen, wobei
das Band zwischen Müitär und Zivil immer freundschaftlicher und
fester wurde. Es gab auch ein sehr gut geleitetes deutsches Theater,
und die Offiziersmesse gestaltete sich zu einer vollgültigen Offiziers-
reunion. Bei Ausschmückung der Räume tat ich wirksamst mit,
indem ich— damals leidenschaftlich der Brandmalerei ergeben—
einen Kredenzschrank und zwölf Sessel eigenhändig in dieser Technik
ausführte. Das Beispiel zog, mid nach Jahresfrist besaß das Regiment
ein Offiziersheim, das sich sehen lassen konnte. Vor allem war es
Major Pirgo, ein begabter Malerdilettant, der ein lebensgroßes Bild
des berühmten Pandurenführers, Obersten Freiherrn von der Trenk,
schuf. Wir sahen ihn alsStammvater des Regimentes anundnannten
uns auch Trenkpanduren. Kaum dreißig Jahre alt, hatte Trenk aus
eigenen Mitteln sein Freikorps aufgestellt und war mit seinen Pan-
duren in den österreichischen Erbfolgekrieg gezogen. Er hatte die
verwegenste Kühnheit mit der klügsten Überlegung in sich vereint.
Mit seinen 2000 Mann hatte er den Rhein durchschwömmen, um
einen Handstreich auszuführen. Er hatte die Festung Budweis er-
obert, trotz der starken, von einem preußischen General befehligten
Besatzung. In der kurzen Friedenszeit zwischen dem ersten und
zweiten schlesischen Krieg hatte er seine im westlichen Slavonien
gelegenen Besitzmigen nach militärischen Grundsätzen organisiert
und Bauten aufgeführt, die noch heute als Kasernen und Depots
verwendet werden. Sein Korps war allerdings nicht nur durch seine
Tapferkeit, sondern auch durch seine Wildheit und Beutegier be-
kannt und gefürchtet gewesen. Zieht man aber die Zeiten in Be-
tracht, in denen es existiert, und die Verhältnisse, in denen es ge-
fochten hat, so darf man sich darob nicht allzu sehr entsetzen. Am
allerwenigsten, wenn man die Akte barbarischer Kriegführung da-
gegenhält, die während des Weltkrieges just von den fortgeschritten-
sten Nationen begangen wurden.
Der bekannte kroatische Komponist Zajc, der in Agram lebte,
komponierte auf meine Bitte einen Regimentsmarsch, dessen Grund-
motiv Fanfaren des Trenkschen Pandurenkorps bildeten. Der origi-
nelle Marsch erhielt die offizielle Bestätigung, und so lange das In-
fanterieregiment Nr. 78 bestand, wiesen diese Klänge den Schritt des
Regimentes.
Der Ausbildung des Regimentes wandte ich natürlich die größte
Aufmerksamkeit zu. Strammheit als disziplinares Mittel, Agilität
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918