Seite - 121 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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wo mit relativ geringen Opfern eine Situation zu schaffen war, wie
sie der Bestand und die geschichtliche Mission der Monarchie er-
forderte. Conrad beging in den spätem Jahren manche Fehler. Doch
in jenen kritischen Herbst- und Wintermonaten — 1908/09— er-
kannte er den richtigen Weg und setzte alles daran, damit er auch
betreten werde. Man schlug ihn aber nicht ein.
Indes begab man sich auf den Weg der diplomatischen Verhand-
lungen, auf dem sich jedoch die Schwierigkeiten immer mehr häuften.
Überdies nahm auch die Türkei eine nichts weniger als freundliche
Haltung an, die sich in einem Boykott unserer Waren verdichtete.
Dieser Boykott zog sich monatelang hin, verursachte erhebliche Un-
annehmlichkeiten und wurde endlich durch Zahlung eines ,,Löse-
geldes" im Betrag von 54 000 000 Fr. beendet. Für dieses Lösegeld
erfand man allerdings die Formel ,,Entgelt für die Vakuf- (Kirchen-)
Güter inBosnien". Es war aber nur eineBemäntelung desSchachers,
den man in der Boykottfrage einging. Auch dieses Vorgehen Aehren-
thals rügten viele. Doch hätte man sehr unrecht getan, mit einem
Geldgeschenk zurückzuhalten, wenn man sich damit— von Feinden
umdräut— eines durchaus nicht nebensächlichen Gegners entledigen
konnte. Auch schadete dem Prestige des Großherrn in Konstanti-
nopel bei den bosnisch-herzegowinischen Türken nichts mehr, als die
nun allseits zutage getretene Ansicht, daß man sie ,,verkauft" hätte.
Die Stimmung der Moslims bei Publikation des Annexionsediktes
war nämlich für die Monarchie— die Swabas— nichts weniger als
günstig und konsolidierte sich erst später. Eben dieser Transaktion
wegen, die ihr geistlicher Oberhirt eingegangen war.
In Serbien wurde es von Tag zu Tag toller. Die Presse warf mit
Unflat auf Österreich-Ungarn und dessen Monarchen, von der ser-
bischen Regierung in keiner Weise gehindert. Mit wahrer Wut, die
durch die Großzügigkeit der angewendeten Mittel erreicht wurde,
rüstete Serbien ganz offensichtlich. Der Präsenzstand der kleinen
Armee wurde allmählichvervierfacht,und allseits gelangtenLegionen,
vulgo Banden, zur Aufstellung.
Dadurch machte sich auch bei uns eine Erregung geltend— zu-
nächst in den südlichen Provinzen, dann langsam in der ganzen Mon-
archie—, wenngleich die meisten Blätter im pazifistischen Sinne be-
schwichtigten. Zu höchst gingen die Wogen in Kroatien, in Dal-
matien imd im Annexionsgebiet. ,,Hie Srb— hie Hrvat!" wurden
Kampfesrufe.
Und von diesem Moment an gewann meme politische und militär-
politische Mitwirkung wieder ein größeres Aktionsfeld, auf dem ich
tätigst wirkte. Die Darstellimg dieser kurzen Lebensperiode muß ich
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918