Seite - 129 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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Hochbegabt, vielseitiges gründliches Wissen besitzend, war er un-
bedingt geeignet, überall seinen Platz auszufüllen. Reich an Ideen
und Auskunftsmitteln, wußte er sich den wechselnden Situationen
rasch anzupassen und setzte stets seine ganze Persönlichkeit zur Er-
reichung gesteckter Ziele ein. Unsere dienstlichen Ansichten und Be-
strebungen liefen zu jener Zeit fast in allem und jedem gemeinsame
Wege und führten zu gemeinsamen Zielen. Lange Zeit hatte ich an
ihm einen offenherzigen, meine Arbeit fördernden Berater, Während
des Krieges tat er sich als Brigadier und Divisionär wiederholt her-
vor, wodurch sich sein Ansehen noch hob. Nach dem Zusammen-
bruchwar er der ersteOberbefehlshaber in der deutsch-österreichischen
Republik. Boogs Anhänger und Freunde setzten anfänglich große
Hoffnungen in seine Persönlichkeit, die sich dann, durch die Ver-
hältnisse bedingt, nicht durchzusetzen vermochte, sodaß der General
nach einem halben Jahr zurücktrat.
Diese allgemeine Charakteristik wird im Laufe der Darstellung
durch die verschiedenen Begebenheiten noch deutlicher illustriert
werden.
Weiters inspizierte ich die Garnisonen Jajce, Travnik, Zenica. In
letzterem Orte erwartete mich mein eben ernannter Personaladjutant,
Rittmeister FongaroUi, der mir in dieser Eigenschaft durch fast fünf
Jahre, also bis zu meinem Rücktritt aus der Aktivität, zugeteilt
blieb. FongaroUi blieb mir stets ein verläßlicher junger Freund.
In Sarajewo wurde ich mit allen Ehren empfangen, die einem
Korpskommandanten zukamen. Es war immerhin ein eigenartiges
Gefühl, als ich zum erstenmal die Front der zu meinem Empfang
im Bahnhofe gestellten Ehrenkompanie unter den Klängen der
Volkshymne abschritt. Die Stadt war festlich beflaggt, gleich allen
andern Orten des Landes, die ich durchfahren hatte. Vom Bahnhofe
aus begab ich mich direkt in den Konak, um mich beim Landeschef
und Armeeinspektor zu melden, den ich in Dreß, eben vom Tennis
heimkommend, antraf. Trotz des freundlich gesprochenen Grußes
hatte ich sofort das Empfinden, daß diese hinter rustikaler Jovialität
sich verbergende Persönlichkeit mir feindlich gesinnt sei. Gleich die
allernächsten Tage erbrachten mir auch schon den Beweis für diesen
durch nichts gerechtfertigten, geschweige denn durch mich verschul-
deten Antagonismus. So unangenehm es mir auch war, besonders
da ich die Gründe weder früher noch später erkennen konnte, focht
es mich nicht weiter an. Das Gefühl, daß ich im Recht sei und das
Bewußtsein, daß sich meine Gesundheit mit jedem Tage sichtlich
festigte, als ob die bosnische Luft gleich einem Jung- und Ge-
sundbrunnen auf mich wirkte, gaben mir die Gewähr, ich würde
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918