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Nach 1918
Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
Seite - 137 -
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und Armeeinspektors in Sarajewo. Ich hatte Land und Leute ins Herz geschlossen und fühlte, daß man auch mir und meiner Familie Sympathie und Vertrauen entgegenbrachte. Dort unten zu schaffen und zu regieren, zum Wohl des bosnischen Landes und gleichzeitig zum Wohl der Monarchie, wäre mir eine große Befriedigung gewesen. Diese Ansicht äußerte ich auch dem Vertrauensmann des Erz- herzogs, der aber gleich meinte, Franz Ferdinand würde von seiner Idee nicht abgehen, mir jedoch einen so unbedingten und starken Rückhalt verleihen, daß ich über alle etwaigen Hindernisse imd Schwierigkeiten hinwegkommen dürfte. Zur Verfassung eines Memorandums über alle aus der Minister- tätigkeit resvdtierenden militärischen und politischen Fragen aufge- fordert, reichte ich ein solches dem Thronfolger ein, fand aber nur in den militärischen Fachfragen seinen vollen Beifall, weniger in der ungarischen Frage, darin ich ihm zu wenig radikal schien. Wie der Leser dieser Zeilen sich erinnern wird, hätte ich in den Jahren 1903 bis 1906 zu ganz energischen Maßnahmen geraten, wenn ich in die Lage gekommen wäre, einen bezüglichen Rat zu erteilen. Doch jetzt, 1910, war die Zeit dazu gründlich verpaßt. Für maßgebende und verantwortliche Politiker sowie für Feldherrn gelten eben stets fol- gende Richtpunkte: vorhersehen und nach Möglichkeit Vorsorgen— zugreifen — zuwarten. — Wer nicht vorsieht und vorsorgt, der paßt nicht für das Metier.— Wer nicht zugreift, wenn der Moment gekommen ist, gleichtdem Jäger, der das Wild sieht und aus Willens- schwäche oder Feuerscheu nicht schießt.— Wer aber nicht zuwarten kann, verdirbt die Situation und kompromittiert unter Umständen den Erfolg für alle Zeiten. Eine Situation herbeizuführen, wie sie sich 1903 bis 1906, einem Schulbeispiel gleich, ergeben hatte, lag 1910 in keinesMenschenMacht, weil dies nur die großen Verhältnisse, gewissermaßen das Staaten- geschick, zuwege bringen kann, das niemand zu beherrschen, kaum jemand zu lenken vermag. Da hieß es denn mit den unabänderlichen Tatsachen rechnen, für die Zukunft nichtsverderbenund— zuwarten. Dies legte ich in meiner Denkschrift nieder und bewies, daß man vor den Konzessionen an Ungarn nicht allzu sehr zu bangen brauche, da sich's doch vornehmlichum Äußerlichkeiten handle, deren Effekt erfahrungsgemäß nicht lange andaure. Man möge daher keinesfalls einen voreiligen Schritt tun. Auf diese Darlegung bekam ich nur eine gewundene Antwort des Flügeladjutanten und fühlte heraus, daß ich für mich just keinen ersprießlichen Griff getan hatte. Doch bei aller Deferenz gegen den Erzherzog bereute ich es keineswegs, da die Angelegenheit zu ernst imd verantwortungsvoll war, als daß 137
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang Eine Lebensschilderung
Titel
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Untertitel
Eine Lebensschilderung
Autor
Auffenberg von Komarów
Verlag
Drei Masken Verlag München
Ort
München
Datum
1921
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.4 x 21.6 cm
Seiten
536
Kategorien
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