Seite - 143 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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teil gebracht, daß sie bleibend gewesen wäre und dem Rahmen der
Monarchie eine naturgemäße Erweiterung gegeben hätte. Politik
und Strategie haben eben gemeinsam, daß sie im Wesen ein System
von Auskunftsmitteln beinhalten. Nur das große Ziel muß unbeirrt
bleiben. Die Wege dahin ergeben sich aber aus den wechselndenUm-
ständen.
Der große Donaustaat in seiner dualistischen Saturiertheit und
Autarkie besaß keine Zukunft, weil die ihn umgebenden National-
staaten unwillkürlich seine Gegner, und zwar seine beutegierigen
Gegner sein mußten. Es kann als Grundsatz gelten, daß ein Staat,
der nach seinem organischen Aufbau und der ihm innewohnenden
Tendenz keine Vergrößerung verträgt, seinen Höhepunkt erreicht hat,
auf dem er sich wohl eine Zeitlang halten kann. Dann erfolgt aber,
wie bei jedem Weltending, der Niedergang oder die Umbildung.
Dagegen hätte der Donaustaat, als Grundstock einer föderativen
Staatenverbindung, als Kern der Vereinigten Staaten Europas ge-
dacht, jene große Zukunftsidee repräsentieren können, die nach dem
Nationalitätenprinzip folgen wird und muß. Vielleicht fehlte den
Völkern, die die Monarchie bewohnten, der Schwung für die sieg-
hafte Ausgestaltung einer großen mitteleuropäischen Staatenverbin-
dung unter eigener Patronanz. Es mag sein, daß die Ungarn ihn
zum Teile besaßen, doch dieses Volk war stets von einem so krassen
nationalen Egoismus und Kantönligeist durchsetzt, daß es stets nur
herrschen und national vergewaltigen wollte. Der Urquell unserer
staatlichen Energetik floß aber mattund trüb oder imgeregelt launen-
haft. Er entsprang überdies einem so wenig ergiebigen Kräftereser-
voir, daß gar nicht daran zu denken war, es würde hinreichen, um
eine so gewaltige Arbeit zu verrichten.—
Ich nützte meine vielfachen politischen Verbindungen zur Förde-
rung einiger müitärischer Institutionen. So wurde die Sarajewoer
deutsche Schule, hauptsächlich von Offizierskindern besucht, nicht
nur beibehalten, sondern sogar vom Lande subventioniert. Weiters
wurde der Vorbereitungskurs der Berufsunteroffiziere zwecks Er-
langung einer späteren Zivilanstellung auf das rationellste ausge-
staltet.
Die freundschaftliche Gesinnung des bosnisch-herzegowinischen
Sabors für die Armee und speziell für deren Vertreter tat sich äußer-
lich besonders prägnant durch einen im Offizierskasino veranstalteten
Empfang kund, an dem alle Abgeordneten teilnahmen und die herz-
lichste Stimmung herrschte. Ein seltener Fall in der alten Monarchie!
Damals wurde ich auch zum Ehrenmitglied des österreichischen
Flottenvereins ernannt, da es meiner persönlichen Initiative gelangen
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Titel
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Untertitel
- Eine Lebensschilderung
- Autor
- Auffenberg von Komarów
- Verlag
- Drei Masken Verlag München
- Ort
- München
- Datum
- 1921
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.4 x 21.6 cm
- Seiten
- 536
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918