Seite - 65 - in Aus Österreichs Vormärz - Galizien und Krakau

Stadion stellte zunächst die Frage, ob sich das Verhältnis der getrennten Gebiete zueinander durch nichts von dem unterscheiden sollte, das zwischen den übrigen Provinzen der Monarchie bestand, oder ob nicht eine Teilung des Guberniums in zwei Senate vorzuziehen sei, von denen der eine in Lemberg, der andere in Krakau amtieren würde. In jenem Falle müßte zugleich eine Spaltung des ständischen Körpers erfolgen ; der frühere Gubernialpräsident hatte sich zwar für diese Art der Teilung ausgesprochen, aber auch die damit verbundenen Schwierigkeiten offen darge- legt. Stadion glaubte wiederum, »sich einer schweren Pflichtverletzung schuldig zu machen4, gäbe er hierüber eine Meinung ab, die er nicht vertreten könnte. Es gebrach ihm, seinem eigenen Geständnisse nach, an der nötigen Erfahrung und deutlich genug gab er zu verstehen, daß man sich bis zur Erstattung seines Gutachtens noch geraume Zeit gedulden müßte. Im übrigen hielt es Graf Stadion für keineswegs ratsam, die Errichtung erster Instanzen und die Robotregulierung zwei voneinander ganz unabhängigen Gubernien zu übertragen; er glaubte vielmehr, daß es dringend notwendig sei, diese Einleitungen in einer Richtung und gleichzeitig durchzuführen. Er beantragte daher, daß man entweder beide Verwaltungsgebiete einem Chef unterstelle, »dem die Leitung des ganzen in höherer Beziehung anvertraut wäre«^'^^), oder in Krakau unverzüg- lich ein Kreisamt errichte und es einstweilen dem galizi- schen Gubernium zuweise. Der Hofkanzler wollte wie früher die Teilung, so dies mal selbst die Vorbereitungen vertagt wissen: er bat den Kaiser, sie erst nach vollständiger Durchführung der Organisierungsmaßregeln stattfinden zu lassen; dann wäre auch Graf Stadion in der Lage, »seine detaillierten und motivierten Vorschläge zu erstatten«, die es der Regierung ermöglichten, »den Gegenstand in reifliche Erwägung zu ziehen«. ^^2) Eine derartige Verzögerung wäre schier gleich- bedeutend gewesen mit dem Widerruf der beschlossenen Schütter, Aus Österreichs Vormärz. I. 5 65