Seite - 69 - in Aus Österreichs Vormärz - Galizien und Krakau

sie von einer Einigung der zersplitterten Nation und in diesem Sehnen und Drängen nach Wiederherstellung des alten Reiches wurde sie zur eigentlich treibenden Kraft der revolutionären Propaganda. Die Komitees in London und Paris hatten eine Agentie in Brüssel, von wo eine Aktionslinie über Löwen, Köln, Frankfurt a. M., Alten- burg und Dresden bis Krakau ging; sie standen in Ver- bindung mit deutsch-flämischen Vereinen, französischen und belgischen Republikanern, englischen Demokraten und Re- formisten und deutschen Sozialisten und sei es nur, um Flugschriften und Aufrufe durch Handwerksbursche in die von Polen bewohnten Landesgebiete einschmuggeln zu lassen. In engem Bunde mit der »Giovine Italia« schürten sie in Lombardo-Venetien, um durch die Bindung militäri- scher Streitkräfte in diesem Königreich und die Dislozie- rung galizischer Truppen sich freie Hand zu weiterer Agi- tation in den polnischen Landesteilen Österreichs zu wahren.^1^) Es wurde daher die Bildung einer Legion unter Anführung Berns ins Auge gefaßt und dieser erörterte in einer »an die polnische Nation« gerichteten Flugschrift die Notwendigkeit, vor dem Ausbruch des Aufstandes eine Nationalregierung einzusetzen. Während sich die Emigration mit ihrer militärischen Organisierung beschäftigte, hatte der radikale Teil des galizischen Adels die Blicke auf Frankreich, Italien und die Schweiz gerichtet, wo sich Er- eignisse abspielten, die eine neuerliche Schilderhebung be- günstigen konnten. DieRegierungwußtevon diesengeheimenWünschen *^-), glaubte aber nicht an ihre Verwirklichung. Sie führte die allarmierenden Berichte der Lemberger Polizei und der Kreishauptleute großenteils auf die Sucht zurück, sich das Verdienst beimessen zu dürfen, daß man durch rechtzeitige Vorkehrungen den Aufstand im Keime erstickt habe.^^^) Metternich erachtete es mit Recht als einen großen Fehler, daß man sich demWahne hingab, Ruhe und Ordnung »nur durch physische Gewalt« aufrechterhalten zu können. Denn 69