Seite - 70 - in Aus Österreichs Vormärz - Galizien und Krakau

man hatte bisher in der Tat noch keinen Rebellen und Emissär dem Standrecht überliefert, obwohl dieses schon längst verhängt worden war.-"-*) »Alan lasse — so ließ er sich vernehmen— die moralische Kraft wirken durch einige wenige offenkundige Beispiele strafender Gerechtig- keit an Edelleuten und Bauern.«-*'^) Strenge wäre aller- dings am Platz gewesen, wenn sie einen Ausgleich in der kulturellen Hebung des Landes gefunden hätte; nur be- schränkte sich leider auch in dieser Hinsicht die Tätig- keit der Regierung auf endlose Erörterungen und Begut- achtungen. Mißstimmung des zwar numerisch schwachen, aber durch Bildung und Reichtum einflußreichen Mittelstandes war die Folge. Und da glaubte der Lemberger Polizei- direktor, daß allein schon eine Amnestie für die im Kerker schmachtenden Hochverräter den Anschluß jener Bevölke- rungsklasse an die Regierung bewerkstelligen könnte!-'^'') Graf vStadion hingegen hielt es mehr denn je für notwen- dig, daß die Regierung keine Kosten scheue, sich der Er- gebenheit des Bauernstandes zu versichern. Sie hatte bereits im Jahre der Unruhen .einigen loyalen Ortsrichtern goldene Ehrenmedaillen verliehen-*^'); dieses sichtbare Zeichen der kaiserlichen Gnade trug aber dem Untertan vollends die Mißgunst des Grundherrn ein, der ihn nun erst recht seine Patrimonialgewalt fühlen ließ. Der Statt- halter beantragte daher, die Urbarialleistungen der Deko- rierten auf Staatskosten abzulösen.-*^^) Stadions Vorschlag fand in dem Hofkanzler einen beredten Fürsprecher^i^), in dem Hofkammerpräsidenten jedoch einen entschiedenen Gegner, dem Graf Hartig eifrig sekundierte.^-^) Dieser wollte dem Bauer keinen Anlaß zu dem Verdachte geben, daß ihm die Behörde den wichtigsten Teil der kaiserhchen Anerkennung bisher »böswillig« vorenthalten habe, und ebensowenig Neid und Gelüste der übrigen Untertanen wachrufen; vornehmlich machte er das Bedenken geltend, daß die empfohlene Maßregel den ohnehin schon schwan- 70