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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
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36 Andrea Rzihacek und Christoph Egger derung oder bei Projekten, die er zwar aus Pflichtbewusstsein übernommen hatte, aber nicht mit der ihm sonst eigenen wissenschaftlichen Begeisterung bearbeitete, die Energie aufzubringen, Begonnenes zum Abschluss zu bringen oder unangenehme Aufgaben zu erledigen oder auch delegieren zu können52. Die ihm so häufig attestierte menschliche Wärme und Güte ging einher mit einer offenbar sehr großen Sensibilität, die sich in Krisensituationen, etwa während des Ersten Weltkrieges, an dessen Widrigkeiten und Schicksalsschlägen Tangl nahezu zu zerbrechen drohte, in beinahe selbstzerstörerischer Weise äußerte. Neben der Sorge um seinen an der Front dienenden Sohn, der Trauer um gefallene Schüler und Freunde, den Entbehrungen der Kriegsjahre war es vor allem auch der drohende Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie, der Michael Tangl sowohl physisch als auch psychisch an den Rand des Zusammenbruchs führte. Der besorgniserregende Zustand Tangls blieb seiner Umgebung nicht verborgen, er wird regelmäßig auch in den Nachrufen auf den Verstorbenen thematisiert : „Wer damals in dies abgezehrte und tiefbekümmerte Antlitz schaute, sah darin mit Schrecken das Werk unerhörter Leiden und quälender Sorgen“, formulierte – offensichtlich mit Betroffenheit – Kehr53, als gewissermaßen „ein Opfer des Krieges“ bezeichnete ihn Perels54. dem Verstorbenen : Brandi, Tangl (wie Anm. 36) 5. Perels, einer der engsten Mitarbeiter Tangls, betont in seinem Nachruf : „Tangl war ein wirklich wissenschaftlicher Kopf, eine Gelehrtennatur, die nicht nach äuße- ren Erfolgen haschte […], unabhängig und von unbestechlicher Wahrheitsliebe […] eine durchaus heitere, optimistische Natur […] Gerade und ehrlich, wohlwollend und warmherzig, ja weich, im äußeren Auftreten, zumal in früherer Zeit, fast allzu bescheiden, dabei innerlich des eigenen Wertes stets sich bewußt, zuweilen eifrig und scharf in der Kritik, aber im Grunde doch friedfertig und ein Feind aller Gehässigkeit und In- trigue, humorvoll, freundlich, gemütstief, auch kunstfreudig […]“ Perels, Tangl (wie Anm. 36) 126f., und selbst Kehr zollt Tangls Charakter mit den schlichten Worten „diesem wahrhaft guten Menschen“ Respekt : Kehr, Tangl (wie Anm. 6) 146. Krabbo, SB (wie Anm. 13) 5, bezeichnet Tangl in seinem Nachruf als „der schlichte, treue, liebenswerte Mensch […] in seiner harmlosen Fröhlichkeit“. Dagegen deutet Rudolf v. Heckel in seinem Nachruf, Michael Tangl †, in : HJb 41 (1921) 403, mit seiner Charakteristik von Tangls „lauterer, streng wahrheitsliebenden und jeder Konvention abholden, dabei im Grunde kindlich gutmütigen Gemütsart“ an, dass Tangls Güte und Gutmütigkeit auch ins Negative verkehrt als Naivität und gewisser- maßen sogar Beschränktheit aufgefasst werden konnte ; vgl. dazu auch die in Anm. 47 zitierten Äußerungen Kehrs Brackmann gegenüber, die in dieselbe Richtung gehen. 52 Vgl. etwa Perels, Tangl (wie Anm. 36) 126 : „eine gewisse Schwerfälligkeit in der Erledigung geschäftlicher An- gelegenheiten und vor allem in der Korrespondenzführung, deren große Unregelmäßigkeit ihm ungewollt manche Verstimmung eintrug […]“, oder etwa Kehr, Tangl (wie Anm. 6) 142 : „eine gewisse lässige Art, die Dinge gehen zu lassen.“ 53 Kehr, Tangl (wie Anm. 6) 144f.: „Bald bangte auch er um das Leben des einzigen Sohnes, bald ergriff ihn die Angst um das Schicksal des großen Vaterlandes und seiner geliebten Heimat. Der Krieg mit seinen Entbehrun- gen lastete auf ihm, dessen materielle Mittel sehr bescheiden waren, mit furchtbarer Härte.“ 54 Perels, Tangl (wie Anm. 36) 127 : „Im großen Kriege […] sind ihm Heiterkeit und Freudigkeit nicht voll er- halten geblieben. Schwer hat er unter dem Dunkel der vergangenen Jahre gelitten, und namentlich Österreichs Schicksal hat sein heimattreues Herz wohl viel schwerer getroffen, als er es sich anmerken ließ. Ja, es ist kein
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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