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42 Andrea Rzihacek und Christoph Egger
im Herbst 1882 erstmals in Rom aufhielt, überwog schon die Beschäftigung mit papst-
diplomatischen Themen75, die 1888 mit seiner Ausgabe der päpstlichen Kanzleiregeln
ihren Höhepunkt fand76. Auch andere Stipendiaten der 1880er-Jahre veröffentlichten, vor
allem in den MIÖG, einschlägige Arbeiten77.
Diese papstdiplomatisch angeregte Atmosphäre fand nun Tangl vor, als er am 5. Januar
1888 als Stipendiat in Rom eintraf. Schon am 10. Januar führte ihn Ottenthal in die
Benützung des Vatikanischen Archivs ein und stellte auch allerhand nützliche Kontakte
her78. Wie alle Stipendiaten hatte Tangl Aufträge Sickels auszuführen, die sich vor allem
auf die vatikanische Handschrift des Liber Diurnus bezogen, mit dessen Edition Sickel
damals beschäftigt war. Als Ottenthal, der von Sickel als sein römischer Stellvertreter in
der Leitung des Istituto Austriaco bestimmt worden war, im März 1888 die Stadt verließ,
Regesta Pontificum Romanorum und einen einschlägigen Artikel (Die äußeren Merkmale der Papsturkun-
den des 12. Jahrhunderts, in : MIÖG 1 [1880] 373–410) papstdiplomatische Interessen gezeigt hatte. Eine
Bibliografie der Veröffentlichungen, die als Frucht seiner römischen Jahre gelten können, findet sich in : Hans
Kramer, Das Österreichische Historische Institut in Rom 1881–1931. Denkschrift zu seinem fünfzigjähri-
gen Bestande (Rom 1932) 49, hier 47 auch zu Fanta.
75 Susanne Lichtmannegger, Emil von Ottenthal (1855–1931). Diplomatiker in der Tradition Theodor
von Sickels und Julius von Fickers, in : Österreichische Historiker 1900–1945. Lebensläufe und Karrieren
in Österreich, Deutschland und der Tschechoslowakei in wissenschaftsgeschichtlichen Porträts, hg. v. Karel
Hruza (Wien/Köln/Weimar 2008) 73–95, bes. 82f.; Elena Taddei, Emil von Ottenthal (1885–1931). Eine
Nachlese anhand der Privatkorrespondenz mit seinen Eltern, in : MIÖG 118 (2010) 201–213. Zu seinen
papstdiplomatischen Veröffentlichungen Kramer, Institut (wie Anm. 74) 50.
76 Emil von Ottenthal, Regulae cancellariae apostolicae. Die päpstlichen Kanzleiregeln von Johannes XXII.
bis Nicolaus V. (Innsbruck 1888, ND Aalen 1968).
77 Z.B. Emil Werunsky (Stipendiat 1883/84), Josef Donabaum (Stipendiat 1886/87) oder Josef Teige (Stipen-
diat 1893/94). Vgl. Kramer, Institut (wie Anm 74) 46, 54f. Kein Stipendiat, aber unter der Leitung von
Sickel mit der Ausgabe des Liber Diurnus beschäftigt, war der Westfale Wilhelm Diekamp, der 1881–1883 am
Institutskurs teilgenommen hatte und 1885 in Rom verstarb : Zum päpstlichen Urkundenwesen des XI., XII.
und der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts, in : MIÖG 3 (1882) 565–627 ; Zum päpstlichen Urkundenwe-
sen von Alexander IV. bis Johann XXII. (1254–1334), in : ebd. 4 (1883) 497–540.
78 Brief Tangls an Sickel 12.01.1888, IÖG NL Sickel : Ihrem durch Dr. Donabaum mir übermittelten Wunsche
entsprechend, ist es mir eine angenehme Pflicht, über die gestellten Anfragen, wie überhaupt über die erste Woche
meines Aufenthaltes in Rom zu berichten. Am 5. d. M. angekommen, benützte ich die noch bis zum 9. währen-
den Archivferien dazu, eine Wohnung zu suchen und mich überhaupt in die doch ziemlich fremden Verhältnisse
einzugewöhnen, wobei mir Dr. Donabaum in der liebenswürdigsten Weise an die Hand ging. Dies war mir umso
willkommener, als angesichts des ganz gewaltigen Pilgerrummels die Frage der provisorischen und definitiven Unter-
kunft nicht geringe Schwierigkeiten bot. Am 10. wurde ich sodann durch Hr. Dr. v. Ottenthal nach Abwicklung der
erforderlichen Formalitäten in das vaticanische Archiv eingeführt und machte mich zunächst an den liber diurnus,
worüber ich in Beantwortung der gewünschten Auskünfte folgendes mittheilen kann […]. Es folgen mehr als eine
Seite Lesarten und Detailangaben aus dem Liber diurnus. Zu Tangls Romaufenthalten vgl. Schaller, Tangl
(wie Anm. 1) 33–37.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien