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Michael Tangl (1861–1921) 63
Holder-Egger, und stellte fest, dass sich der
Artikel Gundlachs in diesem Zusammen-
hang als „unehrenhafte Schmähschrift“
selbst entlarvt habe.
Obwohl Tangl Gundlach in der Frage
der Berücksichtigung mittelalterlicher Ge-
schichtsschreiber im Unterricht beipflich-
tete, so verteidigte er doch die bisher in
dieser Hinsicht geleistete Arbeit der MGH.
Über die Frage der lateinischen Vorbemer-
kungen, die „für Wert und Verbreitung der
Ausgaben höchst nebensächlich“ seien, mit
wenigen Worten hinweggehend, widmete
er auch der sozialen Stellung der MGH-
Mitarbeiter unter Hinweis auf deren stark
angestiegene Zahl und die doch immer-
hin kontinuierlich steigenden Gehälter
nur wenig Raum und Worte179. Dagegen
lehnte er etwas weiter ausholend den „ver-
blüffenden“ und „unzutreffenden“ Vorschlag Gundlachs, den Vorsitz der MGH unter den
Mitgliedern der Zentraldirektion rotieren zu lassen, wegen der heterogenen Zusammen-
setzung der Zentraldirektion aus Delegierten der Akademien, Reichsbeamten und koop-
tierten Mitgliedern als undurchführbar ab. Er schloss mit den Worten : „Damit nehme
ich von Gundlach Abschied. Sein Angriff ist ein in den Beweggründen unlauterer, in der
Beweisführung vom Anfang bis zum Ende mißlungener Rachakt wider den toten Dümm-
ler und den lebenden Holder-Egger.“
Es fällt auf, dass Tangl, anstatt in der „Krise der Monumenta“ die Gelegenheit zur
Veröffentlichung einer fundierten programmatischen Verteidigungsschrift des Unterneh-
mens zu ergreifen, offenbar die Widerlegung der einzelnen – auch in seinen Augen ganz
entstammenden Kaiser die Geschichte des Abendlandes entschieden‘ ?“ (ebd.), sowie wenn er von der „[…]
schon in Friedrich dem Zweiten vollendeten Entdeutschung“ des staufischen Hauses (ebd. 8) spricht. Die
Argumentation Tangls scheint eher einer moderneren, nicht engen nationalen Kategorien verhafteten Ge-
schichtsauffassung zu entsprechen.
179 Dass die Gehälter der MGH-Mitarbeiter aber entgegen dieser Beschwichtigungen Tangls äußerst niedrig
waren und eine Mitarbeit bei den MGH nur jenen möglich war, die auf privates Vermögen zurückgreifen
konnten, zeigt die Tatsache, dass im selben Jahr, 1903, sechs MGH-Mitarbeiter in schriftlicher Form eine
dringende Bitte an die Zentraldirektion richteten, die Gehälter zu erhöhen ; vgl. dazu Fuhrmann, „Sind
eben alles Menschen gewesen“ (wie Anm. 47) 79 und 156f. Abb. 2 : Michael Tangl
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien