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Michael Tangl (1861–1921) 81
und Völkermarkt entzweigerissen zu sehen, hätte ich nicht ertragen, am allerwenigsten
mit eigenen Augen schauen können. Koll. Uebersberger248 hat für mich, meine Frau und
meinen Sohn, der hoffentlich auch mitkann, obwohl er den Urlaub vom auswärtigen
Amt, wo er nebenamtlich beschäftigt ist, noch nicht erhalten hat, eine Unterkunft in
Maria Rain besorgt. Von dort hoffe ich des öftern zu dir nach Klagenfurt zu kommen
und habe dabei noch das besondere Anliegen, die pseudorömischen Inschriften auf dem
Herzogstuhl, deren eine du ja endgültig erledigt hast, doch auch selbst sehen zu können.
Der „Einritt“ (! !) Eures Prof. Dr. Graber249 ist mir nämlich furchtbar in meine alten Glie-
der gefahren, und ich habe mich hingesetzt und selbst diese Frage einmal vorgenommen,
um nun endlich auch langjährige Schuld abzutragen und auch für die Heimatgeschichte
zu schaffen, was ich bislang immer nur für Rom, Fulda und Osnabrück getan hatte.
Zunächst habe ich meine vollständige und unbedingte Ablehnung Grabers in der beifol-
genden kurzen Anzeige niedergelegt250, im übernächsten Heft des N.A. (44.1) folgt der
Aufsatz, in dem ich einfach ausführe, was du längst erlangt hattest, was durch Schneiders
Neuausgabe des Joh. von Viktring251 auch äußerlich spruchreif geworden war und was
der junge Mann nun in kaum begreiflicher Verblendung ganz außer Acht gelassen hat, die
philologisch-kritische Untersuchung. Deine Puntschart-Anzeige252 kommt dabei zu ho-
hen Ehren, und nur in einem, allerdings wesentlichen Punkt weiche ich von dir ab, indem
ich auch die Einsetzung von 1161 als echte beim Fürstenstein, nicht als bevollmächtigte
Lehenübertragung in Villach nachweise. Doch über diesen einen Punkt werden wir alten
Knaben uns schon vertragen. Es kommen bei der Untersuchung aber auch noch andere
Dinge ganz neu heraus, die deinen Beifall sicher finden werden. Mein Sohn Eberhard, der
Sprachvergleichung und slavische Philologie studiert, möchte den Monat in Kärnten auch
benützen, um etwas Beziehungen zum „Windischen“ zu gewinnen. Ich schrieb schon an
Uebersberger, ob zu solchem Zweck etwa ein Lehrer, Landpfarrerl [!] oder Kaplanle [!] zu
gewinnen wäre. Von hier reise ich am 1. August Abends ab (mein Sohn kann erst am 6.
nachfolgen) und könnte, wenn die Anschlüsse klappen, am 2. Abends in Villach sein. Ob
es dann noch Anschluß nach Klagenfurt oder gar nach Maria Rain gibt, kann ich hier al-
248 Vgl. zu ihm Arnold Suppan, Marija Wakounig, Hans Uebersberger (1877–1962), in : Osteuropäische
Geschichte in Wien. 100 Jahre Forschung und Lehre an der Universität, hg. v. dens., Georg Kastner
(Innsbruck 2007) 91–166.
249 Georg Graber, Der Einritt des Herzogs von Kärnten am Fürstenstein zu Karnburg (SB Wien 190 [1919],
5. Abh.). Vgl. zu ihm den Nachruf in : Carinthia I 148 (1958) 737–740.
250 NA 43 (1922) 440.
251 Iohannis abbatis Victoriensis liber certarum historiarum, hrg. v. Fedor Schneider (MGH Scriptores rerum
Germanicarum in usum scholarum [36], Hannover/Leipzig 1909).
252 Paul Puntschart, Herzogseinsetzung und Huldigung in Kärnten. Ein verfassungs- und culturgeschichtli-
cher Beitrag (Leipzig 1899), von Jaksch ausführlich rezensiert in : MIÖG 23 (1902) 311–329.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien