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Anton Chroust (1864–1945) 99
die zweite Serie der Monumenta Palaeographica König Ludwig III. von Bayern55. Der
Erste Weltkrieg blieb dann nicht ohne Auswirkungen auf das Unternehmen. Am 10. Mai
1919 sandte Chroust ein ausführliches Schreiben an das Bayerische Staatsministerium
für Unterricht und Kultus, das damals wie die gesamte Regierung vor der Revolution
in München in Bamberg Schutz gesucht hatte56. Hier erfahren wir Einzelheiten über
die Abwicklung des Projekts. Es seien, so berichtet Chroust, von den Monumenta Pa-
laeographica bislang zwei Serien mit zusammen sechs Bänden im Doppelfolio-Format
erschienen. Die Herstellungskosten seien sehr hoch gewesen ; bei der ersten Serie habe
der Verlag Bruckmann sehr hohe Verluste gehabt. Für die zweite Serie habe die Akademie
der Wissenschaften in Wien, das Reichsamt des Inneren aufgrund eines Gutachtens der
Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin und die bayerische Staatsregierung
aufgrund eines Gutachtens der Bayerischen Akademie der Wissenschaften einen Zuschuss
von insgesamt 18.000 Mark gewährt, wovon der Bayerische Landtag zwei Drittel (also
12.000 Mark) bewilligt habe57. Die große wissenschaftliche Aufgabe, die sich der unterzeich-
nete Herausgeber gestellt, ließ sich aber in den bisher erschienenen sechs Bänden noch nicht
lösen. Deshalb seien weitere vier Bände mit zusammen 320 Tafeln nötig. Die beigege-
bene Aufstellung sei bereits von den Akademien in Wien und Berlin gebilligt ; sie enthält
Material über Schreibschulen in Süddeutschland, Österreich, Ostdeutschland, Böhmen-
Mähren, Nord- und Nordwestdeutschland und Mitteldeutschland (darunter Würzburg).
Chroust berichtet weiter, dass die vier Bände nach Bruckmanns Berechnungen von 1917
(unter verhältnismäßig noch günstigen Umständen) einen Zuschuss von 8.000 Mark pro
Band, insgesamt also 32.000 Mark erfordern. Die Wiener Akademie habe einen Zuschuss
von 4.000 Kronen zugesichert. Danach habe sich Chroust an das Reichsamt des Inneren
gewandt, wo seit zwei Jahren über einen Zuschuss verhandelt werde. Die Gutachten der
Preußischen Akademie der Wissenschaften und der Zentraldirektion der MGH hätten
die Fortsetzung des Werkes sehr befürwortet. Laut beigegebenem Schreiben des Reichs-
ministers des Inneren vom 15. April 1919 habe sich die Reichsfinanzverwaltung bereit
erklärt, die Herausgabe einer dritten und letzten Reihe der Monumenta Palaeographica
finanziell zu fördern, falls die bayerische Regierung eine Beihilfe von mindestens 6.000
bis 8.000 Mark zusage. Chroust beantragt daher einen Zuschuss von 8.000 Mark. Nach
Abschluss des Werkes werde dieses wenigstens dem äußeren Umfang nach den ersten Platz
in der paläografischen Literatur einnehmen ; es habe aber auch inhaltlich die Billigung
55 Vgl. Schreiben des Kultusministeriums an den Kabinettschef vom 30.12.1916, ebd. (Chroust’s Monumenta
Palaeographica sind ein Werk, mit dem Bayern sich sehen lassen kann.)
56 Wie Anm. 31.
57 Diese Zahlen lassen sich schwer mit dem obigen (bis 1911) in Einklang bringen. Doch fehlen im Akt
Unterlagen für Zahlungen zwischen 1911 und 1919.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien