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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
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110 Peter Herde Denn liberale Partei und liberale Professoren waren entschlossen, den „Fall Chroust“ zu benutzen, um dem verhassten Kultusminister den Gnadenstoß zu versetzen. Land- mann entstammte zwar selbst der liberalen Bürokratie, die Regierung und Verwaltung des Königreichs Bayern prägte, hatte aber deutlich zu erkennen gegeben, dass er den weltanschaulichen Konflikt und die konfessionelle Diskriminierung als schädlich für Staat und Gesellschaft ansah, und sich bemüht, in seinem Wirkungsbereich eine Politik des Ausgleichs zu betreiben. Das brachte ihm die immer schärfere Kritik der Nationallibe- ralen und ihrer Presse ein, die sich vor allem an dem seit dem Frühjahr des Jahres 1900 einsetzenden Konflikt um das Schulbedarfsgesetz entzündete86. Es würde hier zu weit führen, die verwickelten Pfade der bayerischen Schulpolitik zu verfolgen87 – sie betrifft im Wesentlichen das Volksschulwesen. Seit dem Scheitern durchgreifender Veränderungen in einem bayerischen Vorgeplänkel des „Kulturkampfes“ in den späteren 1860er-Jahren infolge der parlamentarischen Mehrheiten der Patriotenpartei88 hatten die liberalen Kabi- nette in einer Art „Salamitaktik“ auf dem Verordnungswege versucht, das Grundschulwe- sen stärker zu modernisieren, zu entkonfessionalisieren und zu säkularisieren, was jedoch nach Ansicht der Liberalen nur unzureichend gelang, so dass das Schulwesen, vor allem die der ministeriellen Weisungskompetenz unterliegende eingeschränkte Schulaufsicht durch Geistliche, ständiges Objekt liberaler Polemik war. Nun hat das Schulbedarfsge- setz zahlreiche Besoldungs-, Organisations- und Kapazitätsverbesserungen gebracht, die das bayerische Schulwesen zu einem der modernsten im damaligen Reich machten, und es war auch von der Kammer der Reichsräte gebilligt worden89 ; den Liberalen in der Deputiertenkammer ging es jedoch längst nicht weit genug, wofür sie Landmann verant- wortlich machten. So arbeiteten sie auf den Sturz des Kultusministers hin und wussten sich dabei der geheimen oder offenen Sympathie des leitenden Ministers von Crailsheim, zweier nationalliberaler Minister, des Chefs der Geheimkanzlei sowie des preußischen Gesandten sicher ; die Kabale reichte bis nach Berlin, wo man plante, Landmann bei der 50-jährigen Jubiläumsfeier des Germanischen Nationalmuseums am 25. Juni 1902 in Anwesenheit des Kaisers durch Nichtberücksichtigung bei der Ordensverleihung zu 86 Vgl. Gustav Seiler, Schulbedarfsgesetz (München 1903) ; Karl Möckl, Die Prinzregentenzeit. Gesellschaft und Politik während der Ära des Prinzregenten Luitpold in Bayern (München/Wien 1972) 521ff. 87 Guter Überblick (mit Lit.) von Albert Reble, Das Schulwesen, in : Handbuch der bayerischen Geschichte 4/2, hg. v. Max Spindler (München 1975) 950ff. 88 Vgl. Peter Herde, Der Heilige Stuhl und Bayern zwischen Zollparlament und Reichsgründung, in : ZBLG 45 (1982) 599ff., ND in : ders., Abhandlungen zur fränkischen und bayerischen Kirchengeschichte und zu den christlich-jüdischen Beziehungen (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 46, Würzburg 1996) 203ff. 89 Möckl, Prinzregentenzeit (wie Anm. 86), 522.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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