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118 Peter Herde
gedeckt oder entschuldigt werden können119. Noch kurz vor der Abdankung Landmanns
begründete das Ministerium in seinem Schreiben an den Senat nochmals, dass sich der
Minister korrekt verhalten habe, dass der Vorwurf der Aktenwidrigkeit vom Senat zu
Unrecht erhoben worden sei und dass der Vorwurf des Ministers, der Bericht des Senats
sei nicht ganz objektiv gewesen, berechtigt war, weil er ohne eingehende thatsächliche Be-
gründung ein so abfälliges Urteil über Chroust enthält. Auch die Gründe, mit denen der
Senat die Veröffentlichung des Berichts zu rechtfertigen suche, seien unzutreffend ; die
Veröffentlichung sei unzulässig und ungehörig120.
Die Auseinandersetzungen waren damit freilich nicht beendet. Am 8. Oktober 1902
erhob der Senat nach vorausgehender Erörterung in einem Schreiben an das Ministe-
rium121 erneut den Vorwurf der Aktenwidrigkeit und behauptete jetzt in spitzfindiger
Weise, er habe Chroust nicht die alleinige, sondern die eigentliche Schuld zugeschrieben.
Der zurückgetretene Minister wurde beschuldigt, den Vorwurf mangelnder Objektivität
im Landtag, also in der Öffentlichkeit, ohne vorherige dienstliche Untersuchung erhoben
zu haben. Nach Verhandlungen, in die sich Podewils-Dürnitz selbst einschaltete, erklärten
sich Chroust und Förster Anfang November 1902 schließlich bereit, ihre Klagen zurück-
zuziehen. Durch ein Schreiben vom 12. November 1902 zog der Kultusminister dann
einen Schlussstrich unter die für das Ansehen der Universität Würzburg höchst abträgliche
Angelegenheit122. Darin wird die alte Auffassung des Ministeriums zwar bekräftigt, dass
in der Streitsache Chroust-Förster beide Theile gefehlt haben, dafür jedoch in der Sache
der Änderung der Reihenfolge der Anciennität der Liste der außerordentlichen Professo-
ren die Konzession gemacht, dass, sofern in dieser vom Senat gebilligten Maßnahme die
Entscheidung des Kultusministeriums angerufen worden wäre, dieses im gleichen Sinne
hätte entscheiden müssen. Das Ministerium bestätigte, dass Förster die Änderung nicht
eigenmächtig vorgenommen habe. Auch in anderen nebensächlichen Fragen ist dieses
Ministerialschreiben ein wenig ungünstiger für Chroust als frühere, der dennoch am 13.
November 1902 seine Klage zurückzog, worin ihm Förster zwei Tage später folgte. Die
Chroust gegenüber kritischen Formulierungen waren offensichtlich der Grund dafür, dass
das Schreiben erneut unter Verletzung der Vertraulichkeit der Presse zugespielt und ver-
119 BHStAM, MK 11364f.
120 Schreiben des Kultusministeriums an den Senat der Universität Würzburg vom 09.08.1902, ebd. und
UAWb, ARS Nr. 1623.
121 BHStAM, MK 11364f.; UAWb, ARS Nr. 1623. Die Akten der Verhandlungen, die im September, also in
den Semesterferien, darüber stattfanden (Wilcken hielt sich in Stettin auf), UAWb, ARS Nr. 1623. Über den
ebenfalls aus kleinen Verhältnissen stammenden neuen Rektor Christian Meurer vgl. Dieter Blumenwitz,
in : Lebensbilder bedeutender Würzburger Professoren, hg. v. Peter Baumgart (Quellen und Beiträge zur
Geschichte der Universität Würzburg 8, Neustadt a. d. Aisch 1995) 217ff.
122 BHStAM, MK 11364f.; UAWb, ARS Nr. 1622, 1623.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien