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138 Klaus Wachtel
durch den Rabbiner an der Meiselsynagoge, Dr. Alexander Kisch, einen Verwandten Egon
Erwin Kischs61, fand am 14. Juli 1908 im repräsentativen Hause der Schwiegereltern
statt62. Stein wirkte von 1903 bis 1918 an der 1. Deutschen Staatsrealschule und wohnte
mit seiner Frau in unmittelbarer Nähe seiner Arbeitsstätte. Diese Nähe der Wohnung zum
Arbeitsplatz erscheint als charakteristischer Gegensatz zu Groag, den es eher ins Grüne
zog. Etwa ein ganzes Jahrzehnt bis in die Mitte der 1920er-Jahre wohnte Groag in Mauer
bei Wien. Stein dagegen verzog später – nach seinem Wechsel an die Universität – wieder
in die Nähe seiner Arbeitsstätte im Prager Klementinum.
Als k. k. Professor unterrichtete Stein Deutsch, Geschichte und Geografie, und wie es
damals guter alter Brauch bei den Gymnasiallehrern war, vernachlässigte er die wissen-
schaftliche Arbeit nicht : 1915 konnte er sich an der Deutschen Universität in Prag mit
der Arbeit „Untersuchungen zur Geschichte und Verwaltung Ägyptens in römischer Zeit“
habilitieren, die im selben Jahr in Stuttgart gedruckt wurde. Im von Heinrich Swoboda63,
Anton von Premerstein64 und Alois Rzach65 unterzeichneten Protokoll des Habilitations-
kolloquiums vom 4. Februar 1915 heißt es : Dem Herrn Habilitanden wurden folgende
Fragen vorgelegt : 1. Angliederung Ägyptens an das römische Reich 2. rechtliche und politische
Stellung der Staatsordnung des Augustus 3. ist die Bezeichnung des Verhältnisses Ägyptens zum
römischen Reich als „Realunion“ zutreffend ? 4. die hypomnematismoi und ihre allgemeine
Bedeutung 5. Gliederung des ptolemäischen Ägyptens 6. römische Auxiliardiplome ; Interpre-
tation eines solchen Diploms (Dessau 1991). Sämtliche Fragen wurden vom Herrn Habili-
tanden in durchaus anerkennenswerter Weise, mit großer Sachkenntnis und in gefälliger und
fließender Form beantwortet. Seit dem SS 1915 war Stein gleichzeitig Gymnasialprofessor
und Privatdozent für Griechische und Römische Geschichte und Altertumskunde an der
Deutschen Universität, die Venia docendi hatte das zuständige Ministerium am 30. März
1915 bestätigt. Im gleichen Jahr wurde er zum korrespondierenden, 1917 zum ordentli-
chen Mitglied der Numismatischen Gesellschaft Wien gewählt.
In das Jahr 1915 fiel aber auch der Beginn von Steins und Groags Arbeit an der Pro-
sopographia Imperii Romani (= PIR), die wohl zu Recht als die wissenschaftliche Haupt-
leistung beider Gelehrter bezeichnet werden darf und von ihnen selbst auch als solche
1956) Ästhetiker. Für den humanistischen Sinn der Kultur, in : Prager Professoren 1938–1948. Zwischen Wis-
senschaft und Politik, hg. v. Alena Míšková, Monika Glettler (Veröff. zur Kultur und Geschichte im
östlichen Europa 17, Essen 2001) 237−248.
61 Zu ihm Guido Kisch, Alexander Kisch (Halle 1934).
62 Israelitische Trauungsmatrikel Sign. HBMa 2704, Seite 76 Nr. 186 (freundlicher Hinweis von K. Beránek).
63 Zu ihm Arthur Stein in : Bursians Biographisches Jb. für Altertumskunde (Nekrologe) 55 (1929) 34−57.
64 Zu ihm ÖBL 8, 262f.
65 Zu ihm ÖBL 9, 353.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien