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228 Ulfried Burz
rangezogen. In der Folge macht Wutte Angaben zu Gründungsjahren von Ortsgruppen,
schildert Vorgänge rund um die Ortsgruppentagung in Klagenfurt, die am 11. Dezember
1887 über die Bühne ging, und deutet Konflikte innerhalb der Organisation im Zeitraum
1887 bis 1899 an. Nach einem kurzen Hinweis auf die Bedeutung der Wanderlehrer für
die Werbearbeit des Deutschen Schulvereines, der Darlegung der finanziellen Aufwen-
dungen und Leistungen dieser Organisation – teilweise en détail – schließt Wutte mit
Überlegungen, die der zweiten Ethnie in Kärnten eine sekundäre Bedeutung beimisst115.
Iānus Wutte blickt dann getrost in die Zukunft, wenn eine wirtschaftliche und geistige
Überlegenheit des Deutschtums im Land bestehen bleibt. In einem Land, in dem Vor-
generationen der slowenischen Volksgruppe als Teil der Karantanen, zumindest seit dem
sechsten Jahrhundert, gleichsam als „Aborigines“ siedelten. Erst rund zwei Jahrhunderte
später, konkret 828, führte Kaiser Ludwig der Fromme „die fränkische Grafschaftsverfas-
sung in Karantanien ein, wodurch das bayerische Recht auf die meisten, obgleich nicht
alle Bewohner des Landes ausgedehnt wurde“.116
Resümee : Die zitierten Veröffentlichungen Wuttes charakterisiert eine Ausdrucks-
weise, die sich kaum von jenem Propagandastil unterscheidet, der in Kampfschriften eines
radikalen Deutschnationalismus kultiviert wurde. In wissenschaftlichen und populärwis-
senschaftlichen Schriften hat Wutte eine vergleichbare Diktion vermieden. Vor diesem
Hintergrund erfordert die Doppelgesichtigkeit des Iānuskopfes eine neue Definition.
115 Martin Wutte, Kärnten und der Deutsche Schulverein. (Mit vier Bildern, ausgeführt vom Zeichenlehrer
Max Bradaczek) in : Südmark-Kalender (Ausgabe Klagenfurt 1913) 1–8, hier 1, 3, 4 und 8 : „Steinwender
stand auch an der Spitze jenes Ausschusses, der im Mai 1880 die ersten Schritte zur Gründung des Deutschen
Schulvereines unternahm. Im Juli 1880 fand in Wien die gründende Versammlung des ersten deutschen
Schutzvereines statt, im folgenden Jahre war er bereits so weit erstarkt, daß man an die Gründung von Orts-
gruppen außerhalb Wiens schreiten konnte. Das Bewußtsein, daß ein Kärntner an der Wiege des Schulver-
eins gestanden, hat nicht wenig zur Verbreitung des Schulvereins in Kärnten beigetragen, wie Dobernig auf
dem Ortsgruppentage in Klagenfurt 1887 ausführte. […] Erst als es in der Hauptversammlung zu Troppau
1899 zu einem Ausgleich kam, ging es mit dem Schulverein auch in Kärnten wieder vorwärts.“ Anschließend
verfasst Wutte ein Stück zur Organisationsgeschichte des Schulvereines, die darüber hinaus topografische
Zuordnungen und Gründungsdaten für den Zeitraum 1902 bis 1911 enthält : „118 Ortsgruppen stehen 215
Gemeinden gegenüber, von denen aber (!) 61 eine slowenische Mehrheit aufweisen. Die Zahl der Mitglieder
betrug 1881 : 274, 1890 : 2257, 1900 : 2450, Ende 1911 : 9500. Der Deutsche Schulverein ist also einer der
stärksten Vereine in Kärnten geworden, wenn nicht der stärkste. […] Wenn auch das Schulwesen in den
deutschen Gemeinden, namentlich in den Grenzgemeinden, mit der Entwicklung des Schulwesens auf der
slowenischen Seite der Sprachgrenze gleichen Schritt hält, wenn der deutsche Kärntner dem slowenischen
wie bisher wirtschaftlich und geistig überlegen bleibt, dann dürfen wir getrost in die Zukunft blicken, dann
werden unserem Lande jene unseligen Sprachenkämpfe erspart bleiben, die unsere Nachbarländer und unser
Reich zerrütten.“
116 Herwig Wolfram, Grenzen und Räume. Geschichte Österreichs vor seiner Entstehung (Österreichische
Geschichte 378–907, Wien 1995) 304.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien