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Martin Wutte (1876–1948) 229
IV : Kärnten, Deutschland, Österreich und Wutte
Die Veröffentlichungen Wuttes in Printmedien Deutschlands haben sein Entree ins öf-
fentliche Leben nationalpolitischer Kreise im nördlichen Nachbarstaat gewiss nicht er-
schwert. Vor 1918/1919 wurden damit erste Fäden eines Netzes gesponnen, das ab 1919
weitmaschiger und dichter wird. In Kärnten war Wutte im Beziehungsgeflecht von Ent-
scheidungsträgern nationalpolitischer Interessen spätestens 1918/1919 tief eingebunden.
Unmittelbar an die detailarme Schilderung seiner Tätigkeit im Schulverein artikulierte
Wutte in seinem Lebenslauf selbstbewusst und zutreffend : „Die fortgesetzte Beschäfti-
gung mit der historischen Geographie Kärntens und der Entwicklung der sprachlichen
und völkischen Verhältnisse des Landes befähigten mich, nach dem ersten Weltkrieg in
den geistigen Kampf um Kärntens Freiheit und Einheit einzugreifen. Ich wurde daher
1919 als Sachverständiger für Kärnten an der Seite des politischen Vertreters, des nach-
maligen Ministers Vinzenz Schumy, in die deutschösterreichische Delegation für die
Friedensverhandlungen in St. Germain entsendet und wurde Mitglied des Nationalpoli-
tischen Ausschusses der Landesregierung sowie Beirat der österreichischen Abstimmungs-
kommission und des Kärntner Heimatdienstes, der die Vorarbeiten für die Abstimmung
leitete. Der Abstimmungstag brachte auch mir eines der eindrucksvollsten Erlebnisse.
Kärnten hatte nach fast zweijährigem Kampf, in dem geistige Waffen den Kampf mit der
Faust unterstützt und vielfach unterbaut hatten, gesiegt.“117
Die Mitwirkung Wuttes in der deutsch-österreichischen Friedensdelegation wurde ei-
ner breiteren Öffentlichkeit nur kryptisch über das Buch „Kärntens Freiheitskampf“ ver-
mittelt, denn Wutte verlor über seine Teilnahme expressis verbis keinen Satz118. Ergänzend
ist anzuführen, dass die Erstauflage von „Kärntens Freiheitskampf“ nur einen „Literatur-
nachweis (Auswahl)“ enthält. Auf einen Anmerkungsapparat wurde, vermutlich aus Zeit-
und Kostengründen, verzichtet ; Quellenverweise werden im Text gegeben. In der Auflage
von 1943 wurden weitestgehend formale Kriterien einer wissenschaftlichen Publikation
eingehalten. Die quellenkritische Problematik von „Kärntens Freiheitskampf“ fasste Hel-
mut Rumpler prägnant zusammen : „Wutte war als Wissenschafter auch Zeitzeuge und
117 Wutte, Lebenslauf 1949 (wie Anm. 36) 6f. Hervorhebungen nach Vorlage.
118 Ebd. Wutte, Freiheitskampf (1922) (wie Anm. 1) IIIf.: „Als Quellen dienten zahlreiche Akten und Schrif-
ten, zum Teil auch persönliche Erlebnisse. Die Schilderung der militärischen Ereignisse und die militärischen
Skizzen stellte Herr Oberst Ludwig Hülgerth, der ehemalige Landesbefehlshaber von Kärnten, bei. Herr
Oberleutnant in der Reserve Hans Steinacher lieferte den Stoff für die Darstellung der Ziele und Arbeiten
der Landesagitationsleitung und des Kärntner Heimatdienstes.“ Das Vorwort endet mit dem Hinweis, eine
„wichtige Ergänzung der folgenden Darstellung ist Josef Friedrich Perkonigs packendes Buch ‚Heimat in
Not‘“, in dem Perkonig „mit der kundigen Feder des Chronisten“ Erlebnisse aus dem Rosental aus „der ereig-
nisreichen Zeit von 1918 bis zur Volksabstimmung“ schildert. Hervorhebungen nach Vorlage.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien