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Martin Wutte (1876–1948) 241
seit Herbst 1939 unter dem Namen Reichsgauarchiv firmierenden Institution präsent.
Dass Wutte dem Reichsgauarchiv, wie in einer fachrelevanten Publikation angegeben, bis
Kriegsende als Leiter vorstand157, scheint durch neuere Forschungsergebnisse relativiert.
Hermann Wiessner, der am 1. September 1945 die Direktion des Kärntner Landesar-
chivs übernehmen durfte, konstatierte 1948, dass Wutte im November 1939 erneut die
wissenschaftliche Aufsicht über das Archiv erhielt, als der zwischenzeitliche Leiter „Dr.
Karl Starzacher158 als höherer SS-Funktionär mit der Umsiedlung der Kanaltaler mit dem
157 Wolfgang Leesch, Die deutschen Archivare 1500−1945 1 : Verzeichnis nach ihren Wirkungsstätten (Mün-
chen u.a.1985) 168.
158 Anm. Burz : Starzacher gehörte dem engeren Verwandtschaftskreis Wuttes an. Starzacher (1913−1945), Ab-
solvent des IÖG, war am 1. Januar 1937 als „Landesarchivar 2. Klasse“ am Kärntner Landesarchiv angestellt
worden. Unterstützt hatte ihn der Direktor des IÖG, Hans Hirsch, siehe Manfred Stoy, Das Österreichische
Institut für Geschichtsforschung 1929–1945 (MIÖG Erg.-Bd. 50, Wien/München 2007) 119, 134, 143. Seit
August 1938 zeichnete Starzacher Schreiben mit „derzeit Leiter des Landesarchivs“. Angaben nach : Wadl,
Landesarchiv (wie Anm. 153) 565f. Zum Werdegang des Neffen Wuttes steht der Forschung derzeit nur Frag-
mentarisches zur Verfügung. In einer mit 22.05.1941 datierten Abschrift einer „Denkschrift über die Wege,
die besetzten Gebiete Kärntens kulturell und völkisch in den Altgau Kärnten und das Reich einzugliedern“
brachte der Archivar und SS-Offizier Überlegungen zu Papier, die für sich sprechen : „Lösung 2 : Eine andere
Lösung der Frage der slowenischen Intelligenz wäre deren vollständige Vernichtung durch Erschießung oder
sonstige Beseitigung, die aber dadurch nicht zweckmäßig ist, weil die Erfassung der tatsächlichen Intelligenz
dem Apparate der Gestapo durch die schwierigen Erkundigungsverhältnisse nicht möglich ist und andererseits
eine Vernichtung weder im Willen des Reichsführers SS gelegen noch unter den augenblicklichen Verhältnissen
tragbar ist.“ Quelle : BAB, R 4901, 13425. Die gesamte Denkschrift wurde 1980 vollinhaltlich publiziert in :
Tone Ferenc, Quellen zur nationalsozialistischen Entnationalisierungspolitik in Slowenien 1941–1945/Viri
o nacistični raznarodovalni politiki v Slovenij (Maribor 1980) 115–119 ; weitere Quellen mit Starzacher-Bezug :
171, 173, 261, 283, 295f., 298, 405, 431, 433, 438, 578. Im Juli 1941 wies Starzacher in einem anderen
Memorandum, in dem die Umsetzung deutscher Interessen thematisiert wurde, auf positive Vorbilder in der
jüngeren Vergangenheit hin : Dabei steht fest, daß eine sichere Verdeutschung durch systematische Arbeit auf lange
Sicht nach den in Kärnten bereits mit den Slowenen gemachten Erfahrungen erreicht werden kann. Quelle : Ge-
dächtnisschrift über die Besprechung von SS-Oberstubaf. [= Obersturmbannführer] Maier-Kaibitsch, SS-Unterstuf.
[= Untersturmführer] Dr. Starzacher mit SS-Hauptstuf. [= Hauptsturmführer] Dr. Walter am 21. und 22.7.1941
in Veldes, Parkhotel, gez. Dr. K. Starzacher. BAB, R 4901, 13425. Wiessner, Landesarchiv (wie Anm. 153)
481, berichtet über den Tod des SS-Offiziers : „Beim Zusammenbruch im Mai 1945 fand Dr. Karl Starzacher
bei den ausgebrochenen Unruhen in Oberitalien den Tod …“. Vgl. dazu Pier Arrigo Carnier, Lo sterminio
mancato. La dominazione nazista nel Veneto orientale 1943–1945 (Milano 1982) 238 : „A Pordenone, cadde
sotto una misteriosa raffica il dott. Starzacher, collaboratore del Deutsche Berater di Udine. Per un certo pe-
riodo, il dott. Starzacher, aveva diretto in Carinzia l’ufficio di trasmigrazione degli sloveni.“ Präziser Wadl,
Landesarchiv (wie Anm. 153) 568, der auch auf Carnier verweist : „Am 28. April 1945 wurde Dr. Karl Starz-
acher in der Nähe von Pordenone – wahrscheinlich aufgrund einer Personenverwechslung − von italienischen
Partisanen erschossen.“ Siehe dazu auch : Alfred Ogris, 100 Jahre Kärntner Landesarchiv (wie Anm. 26) 26.
Ogris stützt sich auf ein Dokument des KLA, Amt der Kärntner Landesregierung, PA Karl Starzacher, Pers.
Zl. 1031 ; biografische Eckdaten zu Starzacher in : Stoy, Institut 341 ; Das Kanaltal. Mit Beiträgen von Viktor
Paschinger, Karl Starzacher, Walther Fresacher, Otto Demus, Felix Kraus und Martin Wutte/
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien