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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Seite - 246 -
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246 Ulfried Burz bilder – den Sozialismus179, das Judentum, die Staatsmetropole Wien –, die rund drei Jahre später in „Kärntens Freiheitskampf“, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß180, immer wieder bemüht werden. Zum anderen vernachlässigte der Historiker die Zeitperspektive, wenn er als Beleg für Hülgerths gesamtdeutsches Denken ein persönliches, Jahre zurücklie- gendes Gespräch anführt. Denn als Hülgerth − im März 1934− Landeshauptmann wurde, herrschten innen- und außenpolitische Rahmenbedingungen vor, die mit jenen des Jahres 1940 nicht vergleichbar sind. Und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass Hülgerth, der aufgrund seiner exponierten politischen Funktion nicht nur über die inneren Verhältnisse im nationalsozialistischen Nachbarstaat gut unterrichtet war, sein gesamtdeutsches Den- ken vor diesem Erfahrungshorizont nicht deutlich relativiert hat181. Ein Österreich, das im Ständestaatsystem als besserer deutscher Staat propagiert wurde, war in diesem Kontext für den Offizier keine theoretische Größe, sondern eine logische, allerdings auch die einzige Alternative gegenüber einem möglichen nationalsozialistisch geführten „Gesamtdeutsch- land“. Aber auch diese Überlegungen sind letztlich ebenfalls nur Spekulation. Hatte Wutte 1938/1939 noch versucht, die „neue Zeit“ durch den nicht zuletzt aus Gesundheitszuständen bedingten Eintritt in den „Ruhestand“ zu durchleben, wurde er nach seiner Reaktivierung, wie schon seit 1938, als „wissenschaftlicher Amtsgutacher“182 muteten, die nach dem Waffenstillstand vom 3. November volle Bewegungsfreiheit besaßen. Und die Wiener Regierung, namentlich die Staatsämter für Heerwesen und für Äußeres, die sich damals in Händen von Juden befanden, verfolgte mit äußerstem Widerstreben die immer wieder aufflackernden Kämpfe in Kärnten und suchte sie immer wieder zu hindern. […] Hülgerths Verdienste haben damals seitens der Staatsregierung keine Anerkennung gefunden. Sie grollte dem Manne, der es als Landesbefehlshaber gewagt hatte, gegen ihren Willen für die Freiheit des Kärntnerlandes zu kämpfen. […] Leider ließ sich Hülgerth nach seinem Übertritt in den Ruhestand bewegen, noch einmal in die Öffentlichkeit zu treten und ging er in seinem letzten Lebensabschnitt Wege, die ihn von den deutschdenkenden Kärntnern zu ihrem tiefsten Leidwesen trennten. Hülgerth war Soldat und wurde Politiker ; er hat als Politiker geirrt und dem Rufe der System- leute Folge geleistet, die ihn als Aushängeschild benützten und schließlich kaltstellten. Aber auch in dieser traurigsten und beschämendsten Periode der österreichischen Geschichte hat Hülgerth in seinem Innern einen Funken gesamtdeutschen Denkens bewahrt und im Innersten seines Herzens – ich weiß es aus einer Äußerung gelegentlich seines Amtsantrittes als Landeshauptmann – gehofft, dass sich die feindlichen Brüder dereinst wieder vereinen werden. 1934 wurde Hülgerth zum Feldmarschalleutnant ernannt, 1934–1937 war er Landeshauptmann in Kärnten, 1937 Vizekanzler.“ 179 Wutte hat in „Kärntens Freiheitskampf“ von 1943 eine 1930 von Hans Lagger im Auftrag der sozialdemo- kratischen Landesparteivertretung herausgegebene Broschüre nicht einmal erwähnt. Bereits Alfred Ogris, Kärntens Freiheitskampf als Beitrag zur Staatswerdung Österreichs in den Jahren 1918–1920, in : Carinthia I, 176 (1986) 41–60, hier 45, hat diesen Umstand zu Recht moniert. 180 Zum latenten Antisemitismus siehe Wutte, Freiheitskampf (1943) (wie Anm. 1) 90, 167, 224. In der Aus- gabe von 1985 sind diese Stellen retouchiert. Auf diese „Passagen mit zeitbedingter Phraseologie“ wurde ebd. ohne konkreten Inhaltsbezug hingewiesen. 181 Zu Hülgerth siehe Anm. 126. 182 Beispiele dazu bei Wadl, Landesarchiv (wie Anm. 153) 581f.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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