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Martin Wutte (1876–1948) 255
Gauleiter der Gesellschaft bestimmte wissenschaftliche Aufgaben stellt an deren Lösung der
Gau interessiert ist. Ferner ist z. B. denkbar, dass die ‚Veröffentlichung‘ eines wissenschaftlich
einwandfreien Ergebnisses einer Forschung aus bestimmten politischen anderen Gründen nicht
zweckmäßig ist217.
Die Vereinsstatuten der Kärntner Wissenschaftlichen Gesellschaft wurden anlässlich der
Wappensaalrede des Gauleiters Rainer 1942 verlesen, aber nicht, im Unterschied zur Rede,
ein Jahr später schriftlich veröffentlicht218. Die vom Sachbearbeiter reklamierte Änderung
der Satzung hinsichtlich des Weisungsrechtes blieb gegenstandslos. Die Kärntner Wissen-
schaftliche Gesellschaft stand also unter dem Schutze des Gauleiters und Reichsstatthalters
in Kärnten und war an dessen Weisungen gebunden219. Ob Wutte in dieser Gesellschaft
mitgearbeitet hat, wäre noch zu eruieren. Faktum ist, dass er anlässlich des Gründungs-
Festaktes nicht nur den ersten Wissenschaftspreis, den diese Einrichtung vergab und der
von Gauleiter Rainer gestiftet worden war, erhalten hat. 1944 nämlich deutete Gotbert
Moro220 eine engere Vernetzung zwischen der Wissenschaftlichen Gesellschaft und dem
Institut für Kärntner Landesforschung an : „Es war nur selbstverständlich, daß Doktor
Wutte von zuständiger Seite gebeten wurde, sein schon allein durch den Stoff hiezu ge-
eignetes Buch als ersten Band der Veröffentlichungen der Kärntner Wissenschaftlichen
Gesellschaft ‚Kärntner Forschungen I‘ der Schriften des 1942 begründeten Instituts für
Kärntner Landesforschung der Universität Graz in Klagenfurt, herauszugeben. Er hat
dieser Bitte gerne entsprochen und damit ist sein Werk gewissermaßen richtunggebend
für alle weiteren geschichtswissenschaftlichen Arbeiten in Kärnten geworden : nämlich zu
Nutz und Frommen der Heimat und des Volkes nicht nur die reine Wahrheit zu erforschen
und sie weitesten Kreisen des ganzen Volkes zu erschließen, sondern darüber hinaus auch
die Verbindung mit dem Leben, mit der Gegenwart nicht zu verlieren, so wie Martin
Wutte selbst immer (nach dem Urteil eines berufenen Gelehrten über ihn) ‚Geschichte
und Gegenwart zu verbinden gewußt hat‘.“ 221 Tatsächlich wusste Wutte Geschichte und
Gegenwart zu verbinden. Denn für sein Buchprojekt „Kärntens Freiheitskampf“ erfuhr er
weitreichende Unterstützung durch Zunftkollegen, die in relevanten Schlüsselpositionen
des NS-Systems tätig waren. Einen Zentralschlüssel, für den Zugang zu den dafür notwen-
217 REM, interner Akt, 02.09.1942, BAB, R 4901, 2615. Hervorhebung nach Vorlage.
218 „Rede des Gauleiters Dr. Friedrich Rainer zur Konstituierung der Kärntner Wissenschaftlichen Gesellschaft
am 10. Oktober 1942 im Großen Wappensaal des Landhauses zu Klagenfurt“, in : Carinthia I, 133 (1943)
12–14.
219 KLA, Sicherheitsdirektion (Vereinsakten), Kärntner Wissenschaftliche Gesellschaft in Klagenfurt, Satzungen,
Schachtel 11, Nr. 402.
220 1958–1967 Direktor des Kärntner Landesarchivs.
221 Gotbert Moro, Martin Wutte : „Kärntens Freiheitskampf“. Eine Würdigung der umfassenden Neuauflage
des großen Werkes, in : Kärntner Zeitung, 10.10.1944, Nr. 280 2.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien