Seite - 259 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
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Martin Wutte (1876–1948) 259
erfahren hatte, nur an239. Das genaue Veröffentlichungsdatum der Neuauflage von 1943
konnte bis dato nicht festgestellt werden. Das offizielle kulturpolitische Kärnten jedenfalls
wusste Wuttes Verdienste um die Landeshistoriografie – vor der Veröffentlichung seines
Hauptwerkes – im öffentlichen Raum zu würdigen. Das hat den Weg zur geplanten Publi-
kation von „Kärntens Freiheitskampf“ wohl nicht verengt. Am 5. Juni 1943 erhielt Wutte
in der Aula des Reichsgaumuseums den von der Karl-Franzens-Universität Graz verliehe-
nen Mozart-Preis der Johann Wolfgang Goethe Stiftung und gleichzeitig ein Ehrendok-
torat. Letzteres dürfte unter hohem zeitlichen Druck organisiert worden sein, denn erst
am 1. Juni 1943 wurde die Ernennung von staatlicher Seite per Telegramm genehmigt240.
Inwieweit weitere Textpassagen in „Kärntens Freiheitskampf“ vor dem endgültigen
Publikationstermin 1943/1944 zensuriert worden sind oder ob Wutte zum Abfassen ein-
schlägiger zeitbedingter Phrasen genötigt worden ist, respektive diese aus freien Stücken
formuliert hat, wäre noch zu klären. Auf dem Weg der außergewöhnlichen Unterstützung
bei der Verwendung von ausländischen Archivmaterialien ist dem historisch-politisch ge-
bildeten Gelehrten vermutlich eine Büchse der Pandora mitgegeben worden, die das nati-
onalsozialistische Regime spätestens 1944 öffnete. In der Ausgabe der „Kärntner Zeitung“
vom 10. Oktober 1944 prangt am Titelblatt die Überschrift „Vermächtnis des Kärntner
Freiheitskampfes“241, am 11. Oktober, ebenfalls auf der Titelseite : „Der Gauleiter : ‚Ich
rufe den Geist der Kärntner Abwehrkämpfer‘“ usw.
Moro besprach an diesen beiden Tagen in zwei aufeinander folgenden Artikeln Wuttes
Monografie. Der Rezensent erinnerte an Besonderheiten des Deutschtums in Kärnten242,
239 Wutte, Freiheitskampf (1943) (wie Anm. 1) XII : „Zum Schlusse danke ich herzlichst allen jenen Stellen
und Persönlichkeiten, die mich in meiner Arbeit unterstützt und die Herausgabe des Buches ermöglicht
haben, vor allem dem Herrn Gauleiter und Reichsstatthalter Dr. F. Rainer in Klagenfurt, der Archivkommis-
sion des Auswärtigen Amtes und Herrn Generaldirektor der Staatsarchive und Kommissar für den Archiv-
schutz Dr. Zipfel in Berlin, die mir die Belgrader Akten zugänglich gemacht haben, ferner den Übersetzern
zahlreicher diplomatischer Akten und Denkschriften […].“
240 Reichsminister Bernhard Rust an Karl Pollheim, Rektor der Universität Graz, Berlin, 01.06.1943, UAG, ED
2. 41 (Martin Wutte) : Indem ich mein Telegramm vom heutigen Tage bestätige, erkläre ich mich mit der von der
Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz in Aussicht genommenen Ehrenpromotion des
Landesarchivars von Kärnten Hofrat Dr. Martin Wutte einverstanden. Hervorhebungen nach Vorlage. Am
Deckblatt dieses Konvoluts ist handschriftlich angemerkt hat alles Kärnten gemacht. Im Kontext des Ehren-
doktorrats, das eine „Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät“ verliehen hat, ist das doppelt von Bedeu-
tung. Wutte wurde im selben Jahr auch „Ehrenmitglied der Universität Innsbruck“. Angaben nach Wutte,
Gedächtnisschrift (wie Anm. 32) 66. Zur „doppelte[n] Ehrung“ im Juni 1943 siehe : Mozartpreis an Dr.
Martin Wutte überreicht. Dr. Wutte – Ehrendoktor der juridischen Fakultät der Universität Graz – Eine
Feierstunde im Gaumuseum in Anwesenheit des Gauleiters [ohne Verfasserangabe], in : Kärntner Zeitung,
07.06.1943, Nr. 156 5.
241 Für den Artikel zeichnet Reichshauptstellenleiter Albert Merklein verantwortlich.
242 Gotbert Moro, Martin Wutte : „Kärntens Freiheitskampf“. Eine Würdigung der umfassenden Neuauflage
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 2
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 678
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien