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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
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Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951) 269 Großvater väterlicherseits zunächst ein „tschechischer Bauernbub“29 gewesen war. Srbik bog sich nun die eigene Familiengeschichte so zurecht, dass er diesen Großvater zum „Kulturdeutschen“30 avancieren ließ, der mit einer Deutschböhmin [Sophie, geb. Wagner] verheiratet war und seine Kinder deutsch erzog31. Andererseits suchte Srbik nun zeit seines Lebens jeden Anschein von (bei seinem Familiennamen ja naheliegender) Slawophilie auf das Peinlichste zu vermeiden – er vertrat in Hinkunft bis zu seinem Lebensende unbeirr- bar die Auffassung, die Deutschen hätten die slawischen Völker von Mitteleuropa bzw. „Zwischeneuropa“ zu „führen“ oder zu „leiten“, gerade so, als ob diese Blinde, in anderer Weise Behinderte oder unmündige Kinder gewesen wären32. Etliche Jahre später, 1909, gründeten dann Herman „Haupt […], die Historiker […] Srbik (Burschenschaft Gothia Wien 1899) und Friedrich Meinecke (Burschenschaft Saravia 29 Borodajkewycz, Srbik (1978) (Bibl.) 4. 30 Ebd. Quod licuit auo, non licuit Hebraeo : Für geborene Juden schloss Srbik später eine Entwicklung zum „Kulturdeutschen“ ausdrücklich aus, siehe Srbik, Einheit 3 (wie Anm. 5) 20f. 31 Srbik an Emil von Ottenthal, siehe Srbik, Korrespondenz (Bibl.) Nr. 71 (25.02.1919). 32 Siehe ausführlich unten S. 287f. aus Anlass der Vorstellung seiner „gesamtdeutschen Geschichtsauffassung.“ Man vergleiche Srbiks Verhalten etwa mit jenem von Herbert (Edlem von) Stourzh (dem Vater des promi- nenten österreichischen Historikers Gerald Stourzh), der in ähnlicher Weise einen geadelten Beamten mit slawischem Namen zum Vater hatte, dabei gleichzeitig einem „deutschliberalen“ Elternhaus entstammte und nach 1918 als Anschlussbefürworter „vorübergehend Mitglied der Großdeutschen Volkspartei“ war ; Herbert Stourzh entwickelte sich in der Folge zu einem entschiedenen Gegner von „Rassismus, Faschismus und Nati- onalsozialismus“, wobei er in seinen einschlägigen Schriften mitunter freilich auch selbst recht naiv-wirklich- keitsfern argumentierte ; interessanterweise war Herbert Stourzh 1917 seiner zukünftigen ersten Frau, einer Pastorentochter, zuliebe vom römisch-katholischen zum evangelisch-lutherischen Glauben übergetreten, an dem er dann auch nach seiner schon 1924 erfolgten Scheidung von seiner ersten Frau festhielt ; vgl. dazu Gerald Stourzh, Herbert Stourzh als politischer Schriftsteller, in : Herbert Stourzh, Gegen den Strom. Ausgewählte Schriften gegen Rassismus, Faschismus und Nationalsozialismus 1924–1938, hg. v. Gerald Stourzh (Studien zu Politik und Verwaltung 66, Wien/Köln/Graz 2008) 11–39, bes. 11–14, 19. Alphons Lhotsky fühlte sich bei einer ähnlich gelagerten familiären Konstellation sogar ausdrücklich „als Mährer sla- wischen Stammes“, der dann natürlich zu Srbik sowie dessen Freunden Hirsch und Bauer „kritischer stand“, siehe Erich Zöllner, Zur Wissenschaftsauffassung Alphons Lhotskys, in : Beiträge zur neueren Geschichte Österreichs, hg. v. Heinrich Fichtenau, Erich Zöllner (Veröff. des IÖG 20, Wien/Köln/Graz 1974) 536– 549, hier 539 bzw. 546. Gleichwohl hielt sich der menschlich vornehme Lhotsky unmittelbar nach Srbiks Tod an die Maxime De mortuis nil nisi bene, was Srbiks unkritischer Schüler Hamann dann sofort zu dessen Reinwaschung auszunützen trachtete, vgl. Hamann, Kriegs- und Nachkriegserinnerungen (Bibl.) 378. Ein anderer einschlägiger Fall aus einer Generation vor Srbik war der Historiker Anton Gindely : „Zu den Neu- tralen, deren Inneres keiner Nation allein angehörte, zählt der Historiker Anton Gindely, der Sohn eines deutschen Vaters und einer tschechischen Mutter, geboren 1829, gestorben 1892 als Professor der deutschen Universität in Prag und böhmischer Landesarchivar“ ; Srbik, Geist 2 (wie Anm. 14) 111. Werner Kaegi, Jacob Burckhardt. Eine Biographie 5 : Das neuere Europa und das Erlebnis der Gegenwart (Basel/Stuttgart 1973) 177 Anm. 83, bemerkte zu dessen Behandlung durch Srbik : „Burckhardt hätte wohl mit etwas größerer Wärme von Gindely gesprochen, als es Srbik tat.“
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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