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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
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280 Martina Pesditschek änderungen, deren Vor- und Nachteile schwer abgeschätzt werden können, und erklärt man also Odo Marquards Satz „Es kommt nicht darauf an, die Welt zu verändern, son- dern sie zu verschonen“ zum typischen Credo eines Konservativen, so ist der sich (fast) immer für einen Idealisten ausgebende Srbik zeit seines Lebens nicht als Konservativer anzusprechen gewesen102, denn er hat immer wieder bedenkenlos Lieblingsideen propa- giert, die mit der Wirklichkeit nicht kompatibel waren. So fantasierte er etwa Ende 1919 in einem Brief an seinen Freund Bauer von einem Anschluß Deutschland-Österreichs an Bayern und ein wittelsbachsches Königtum, dem dann noch ein hohenzollernsches Kaisertum über einem „großen einigen Alldeutschland“ folgen sollte103 ; das war genauso realitätsfremd wie Träumereien von einem kommunistischen Paradies als Folge einer proletarischen Re- volution – und Srbik selbst hat tatsächlich noch kurz vor seinem Tod an eine offenbar ziemlich paradiesische sozialistische Zukunft zu glauben vorgegeben104. Dazu gesellt sich die Beobachtung, dass unzählige eindeutige Konservative wie etwa Johan Huizinga105, Gerhard Ritter106 und Wilhelm Röpke107 trotz zum Teil gewaltiger (aus heutiger Sicht höchst „politisch unkorrekter“) Skepsis auch gegenüber Demokratie und Republik108 den 102 Wenn Srbik, Metternich 2 (wie Anm. 4) 567f. sich mit den Worten „Einstweilen gewinnt es oft den An- schein, daß der tote Staatsmann einen scharfen Blick in die Zukunft warf“ die Auffassung Metternichs zu eigen macht, dass „das Volk als Menge immer ein Kind bleiben werde […], leicht zu verführen und launen- haft“, so liegt hier keineswegs eine in letzterem Sinn konservative Grundanschauung, sondern einfach ein Elitendiskurs vor – heute sprechen sich die gewiss nicht der Marquard’schen Maxime verpflichteten europä- ischen Eliten und die von ihnen bezahlten „Experten“ mit im Wesentlichen denselben Argumenten gegen Volksabstimmungen und für das Verbot sogenannter „populistischer“ und „rassistischer“ Parteien aus. 103 Srbik, Korrespondenz (Bibl.) Nr. 83. 104 Siehe unten Anm. 276. 105 Siehe zuletzt Horst Lademacher, Johan Huizinga (1872–1945), in : Europa-Historiker. Ein biographi- sches Handbuch 1, hg. v. Heinz Duchhardt, Małgorzata Morawiec, Wolfgang Schmale, Winfried Schulze (Göttingen 2006) 179–213. 106 Siehe zuletzt Christoph Cornelissen, Gerhard Ritter. Geschichtswissenschaft und Politik im 20. Jahr- hundert (Schriften des Bundesarchivs 58, Düsseldorf 2001) ; Martina Pesditschek, Barbar, Kreter, Arier. Leben und Werk des Althistorikers Fritz Schachermeyr 1–2 (Saarbrücken 2009) 433 Anm. 2198 mit Litera- tur. 107 Siehe jetzt v.a. Helge Peukert, Röpke, Wilhelm, in : NDB 21 (2003) 734f., und Hans Jörg Hennecke, Wilhelm Röpke. Ein Leben in der Brandung (Stuttgart 2005). 108 Für einen keineswegs liebevollen Blick auf den deutschen Konservativismus vor 1945 vgl. etwa die beiden Monografien Jerry Z. Muller, The Other God That Failed. Hans Freyer and the Deradicalization of Ger- man Conservatism (Princeton 1987) ; Raimund von dem Bussche, Konservatismus in der Weimarer Re- publik. Die Politisierung des Unpolitischen (Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Ge- schichte N.F. 11, Heidelberg 1998). Kritisch zur konservativen deutschen Opposition, die aus dem NS-Reich in den Ständestaat geflüchtet war, Elke Seefried, Reich und Stände. Ideen und Wirken des deutschen politischen Exils in Österreich 1933–1938 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politi- schen Parteien 147, Düsseldorf 2006). Für eine grundsätzliche Unvereinbarkeit von Konservativismus und
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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