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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
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286 Martina Pesditschek Wenn Derndarsky pointiert formuliert, Srbik sei „eher als deutscher Großösterreicher denn als österreichischer Großdeutscher zu bezeichnen“139, so geht dieses Urteil zwar in die richtige Richtung140, bringt aber nicht zum Ausdruck, dass sich Srbik unter anderem auch das „kostbare“ deutsche Blut „an der Wolga“ und „in den baltischen Ländern“141 an- gelegen sein ließ, das dem Hause Österreich niemals untertan gewesen war. Srbiks Motto lautete offenbar vielmehr : „Heute führen wir Mitteleuropa, und morgen die ganze Welt“, und mit „wir“ war keineswegs ein supranational empfindendes Haus Habsburg, sondern das deutsche Volk gemeint. Als Folge von Srbiks stilistischem Unvermögen (bzw. der bis 1938, das heißt bis zum „Anschluss“, auch noch gebotenen Zurückhaltung) erschloss sich dieser Sachverhalt nicht jedem ; viele oberflächliche Leser Srbiks, und zwar nicht nur nazistische Heißsporne142, sondern vermutlich auch Carl Friedrich Goerdeler und Otto von Habsburg, hielten ihn aufgrund seiner universalistischen „Reichs“-Terminologie für einen verkappten Legitimisten, Theokraten oder Supranationalisten, während er tatsäch- lich stets ein deutscher Super-Nationalist gewesen ist. Es liegt auf der Hand, dass Srbik hier (soweit dies Geisteswissenschaftler überhaupt tun können143) mit Dynamit hantierte und der Versuch einer Realisierung seines „gesamt- gen und Fortschritte 20, Heft 13/14/15 (Mai 1944) 100–102 : „Vom Schicksal ist uns die alte Reichspflicht wieder auferlegt : mit sittlicher Kraft die Macht zur Schaffung einer gerechten Völkerordnung in unserm alten und ewig jungen Erdteil zu verwenden. Macht und Geist, Wille und Ethos, das alte deutsche Königreich und die Ideenkraft des alten deutschen Heiligen Kaiserreichs, die Erkenntnis der Unentbehrlichkeit eines starken, verantwortungserfüllten deutschen Volkes für den Erdteil und für die Welt – all dies muß und wird die große Bewährungsprobe bestehen, die den nationalen und den universalen Geist wieder vereinen soll.“ „Dieser Aufsatz wurde am 23. September 1943 im Großdeutschen Rundfunk verlesen.“ 139 Derndarsky, Historie (Bibl.) 168. 140 Weitere nicht apologetische und m. E. im Großen und Ganzen korrekte, wenn auch nicht immer sehr konkrete oder präzise Interpretationen und Zusammenfassungen der „gesamtdeutschen Geschichtsauffassung“ finden sich bei Ingo Haar, Historiker im Nationalsozialismus. Deutsche Geschichtswissenschaft und der „Volkstums- kampf“ im Osten (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 143, Göttingen 2000) 221, 238 (resümiert, dass Srbik mit seiner gesamtdeutschen Geschichtsauffassung „die Zerschlagung der neuen slawischen Nationalstaa- ten und die Restitution der deutschen Hegemonialstellung in Ostmittel- und Südosteuropa begründete[n]“) ; Heiss, Vergangenheit (wie Anm. 123) 46f.; ders., Pan-Germans, Better Germans, Austrians : Austrian Histo- rians on National Identity from the First to the Second Republic, in : German Studies Review 16,3 (Oct., 1993) 411–433, hier 413 ; Schönwälder, Srbik (Bibl.) 532–539 ; vgl. auch dies., Historiker (wie Anm. 5) 93, 221– 223, 269, 272f.; dies., „Lehrmeisterin der Völker und der Jugend“. Historiker als politische Kommentatoren, 1933 bis 1945, in : Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918–1945, hg. v. Peter Schöttler (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft 1333, Frankfurt/M. 1997) 128–165, hier 143. 141 Siehe unten S. 289. 142 Vgl. zuletzt Jedlitschka, Prüfungskommission (wie Anm. 8) 221–223 mit Literatur ; ausführlicher unten S. 314–316 und Anm. 305. 143 Vgl. etwa Cathrin Friedrich, Erich Brandenburg – Historiker zwischen Wissenschaft und Politik (Leipzi- ger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftspolitik, Leipzig 1998) 217 mit Literatur.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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