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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Seite - 288 -
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288 Martina Pesditschek Srbiks dergestalte Ergüsse in dieser Replik erbosten wiederum den konservativen NS-Geg- ner und späteren Mitwisser des 20. Juli und KZ-Häftling Gerhard Ritter ; in einem am 24. Juli 1937 verfassten Brief an Srbik147 heißt es unter anderem : Die Gefahren, die Deutsch- land von außen umringen, sind nicht geringer, sondern noch viel größer geworden als jemals zur Bismarckzeit. […] In einem solchen Augenblick von „mitteleuropäischen“ Zukunftszielen zu hören, von Aufgaben des „Donauraums“ unter deutscher Führung, wirkt stark beunruhigend. […] Sie werden sich ohne Zweifel der politischen Tragweite der Sätze bewußt sein, verehrter Herr von Srbik, die Sie in der „Historischen Zeitschrift“ 156, S. 237 niederschrieben : wo Sie als Zukunftsziel „gesamtdeutscher“ Politik folgendes bezeichnen : „Das Deutsche Reich der feste nationalstaatliche Kern der Erdteilsmitte, mit ihm in festester nationaler Lebensgemeinschaft verbunden das heutige rein deutsche Österreich, ferner angegliedert auf der Grundlage der Achtung ihrer Staatlichkeit und der Achtung ungehemmten Lebensrechtes ihrer Völker die ostmitteleuropäische Staatenwelt“ […] Ferner : [„]Der Einwand wiegt doch allzu leicht, daß die verhältnismäßig kleinen, mit volksfremden Minderheiten durchsetzten Einzelstaaten die Vorteile eines mitteleuropäischen Reiches unter deutscher Füh- rung nicht einsehen“ […] Man wird diese Sätze in Prag, in Warschau, Budapest und Belgrad, sicher auch in Paris und London und Rom mit großer Aufmerksamkeit lesen. Man wird sich insbesondere fragen, was das „angegliedert“ zu bedeuten hat, im Munde eines sehr bekannten, als Vertrauensmann des heutigen Deutschland international bekannten148 Historikers, eines Gelehrten von großem Ruf und eines ehemaligen österreichischen Staatsmannes149. staatsähnlichen Gebilde „angegliedert“ sein wollten, stellte für die „gesamtdeutsche Geschichtsauffassung“ eine Peinlichkeit dar, die man am besten mit Schweigen überging. 147 Gerhard Ritter. Ein politischer Historiker in seinen Briefen, hg. v. Klaus Schwabe, Rolf Reichardt (Schriften des Bundesarchivs 33, Boppard am Rhein 1984) 323–328, Nr. 78 ; Ritter war lebensklug genug, diesen Brief letztlich nicht an den Adressaten abzuschicken, weil er doch keine Wirkung haben, sondern den Empfänger nur ärgern und gegen Ritter einnehmen würde. 148 D.h., in den Augen Ritters nahm Srbik damals bewusst die Interessen von Nazideutschland wahr. 149 Ritter hatte sich Srbik gegenüber schon in einem Brief vom 25.09.1932 als Gegner eines Primats des Völki- schen über die Staatsräson im Bismarckischen Sinne zu erkennen gegeben, der im Hitlerismus […] eine ganz große Gefahr für unsere Zukunft sah (Ritter, Historiker [wie Anm. 147] 251 Nr. 38) ; als sich Srbik später für eine Mitwirkung an Walter Franks „Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands“ entschieden hatte, war er in den Augen Ritters, dieses entschiedenen Gegners von Frank (vgl. zuletzt Klaus Schwabe, Geschichtswissenschaft als Oppositionswissenschaft im nationalsozialistischen Deutschland. Gerhard Ritter und das „Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland“, in : Historische Debatten und Kontroversen im 19. und 20. Jahrhundert. Jubiläumstagung der Ranke-Gesellschaft in Essen, 2001, hg. v. Jürgen Elvert, Susanne Krauss [Historische Mitteilungen Im Auftrage der Ranke-Gesellschaft 46, Stuttgart 2003] 82– 95), schon gerichtet : Über den Wiener Kollegen mußte ich meine bisherige gute Meinung leider ändern ; aber die Österreicher sind ja wohl mit andern Maßstäben zu messen, als andere Menschen, zumal wenn sie slawisches Blut in den Adern haben (Ritter am 15.11.1935 an Oncken ; Ritter, Historiker, 285 Nr. 59). Ritter hat seine neue Haltung zu Srbik und dessen Ideologie dann natürlich auch nach 1945 nicht geändert, vgl. das imperialisti-
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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