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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Seite - 306 -
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306 Martina Pesditschek werk225 und drängt sich ja im Übrigen schon immer wieder bei einer Lektüre der Disser- tation von Moos auf, in der man zum Beispiel liest : „Ohne sichtbaren Widerstand paßt sich Srbik der innenpolitischen Gestaltung und dem außenpolitischen Ausgreifen des na- tionalsozialistischen Staates an, ohne erkennbare Auseinandersetzung macht er dem rassi- schen Grundprinzip des Nationalsozialismus Zugeständnisse, die in der Judenfrage nicht weit hinter der offiziellen Lesart zurückbleiben“226, oder „Seine Sicht des Judentums […] zeigt eine nahezu vorbehaltlose Anpassung“227, doch falls Moos, der auch sehr prägnant bei Srbik nicht einmal eine „Distanzierung durch Schweigen“ konstatieren konnte228, schon selbst einen analogen Schluss gezogen haben sollte, so wollte er ein solches Resultat seiner Untersuchung jedenfalls nicht in entsprechende klare Worte fassen. Als Grund für Srbiks offenkundige Entfremdung vom und Enttäuschung über den Nationalsozialismus kann nun andererseits höchst plausibel gekränkte Eitelkeit vermutet werden229. Angesichts seiner eingebildeten Verdienste um den „Anschluss“ mochte er auf ein neues Ministeramt, ja vielleicht gar auf das Amt einer „Grauen Eminenz“ à la Metter- nich am Hofe des „Führers“ selbst gehofft haben ; spätestens Anfang Herbst hatte er sich dann aber wohl eingestehen müssen, auf rein dekorative Posten ohne jeden bedeutenden Einfluss abgeschoben worden zu sein. Weiters musste sich Srbik durch die bald einsetzende systematische Substitution des Wortes „Österreich“ durch „Ostmark“ besonders getroffen 225 Siehe unten S. 318–323. 226 Moos, Bildungsbürgertum (Bibl.) 174. 227 Ebd. 176. 228 Ebd. 141. 229 Als Parallele kommt etwa das Verhalten Martin Heideggers in Betracht, der als Rektor der Universität Freiburg (21.04.1933–27.04.1934) zunächst ungefähr ein Jahr lang das NS-Regime mit feurigsten Reden unterstützte, dann aber in dieser Hinsicht weitgehend verstummte und laut Ritter „seit dem 30. Juni 34 heimlich ein er- bitterter Gegner des Nazitums war und auch den Glauben an Hitler, der ihn 1933 zu seiner verhängnisvollen Verirrung geführt hat, vollständig verloren hatte“ (Ritter, Historiker [wie Anm. 147] 409 Nr. 132). Nun hat Heidegger zwar Ritter gegenüber den sog. „Röhm-Putsch“ als auslösendes Moment für seinen Rückzug angegeben (vgl. ebd. 265 Anm. 3), viel plausibler ist aber die Annahme, dass der gemäß eigener Einschätzung größte Philosoph aller Zeiten (vgl. ebd. 319 Nr. 76) zunächst gehofft hatte, den Praeceptor Germaniae, ja den Praeceptor Ducis spielen zu können, und es dann als schwere Kränkung der eigenen Person empfand, dass die Nationalsozialisten auf seine Empfehlung, „das feine Porzellan entzwei“ zu schlagen, d.h. einen radikalen nationalen Sozialismus nach Art von Maos späterer „Kulturrevolution“ einzuführen und Deutschland völlig zu entchristlichen, einfach nicht eingegangen waren, siehe Ernst Nolte, Martin Heidegger. Politik und Geschichte im Leben und Denken (Berlin/Frankfurt/M. 1992) 146f.; zur höchstrangigen Radikalität von Heideggers dama- ligem sog. „Denken“ vgl. auch Daniel Morat, Von der Tat zur Gelassenheit. Konservatives Denken bei Martin Heidegger, Ernst Jünger und Friedrich Georg Jünger 1920–1960 (Veröffentlichungen des Zeitgeschichtlichen Arbeitskreises Niedersachsen 24, Göttingen 2007) 119–139 ; Peter Trawny, Die Autorität des Zeugen. Ernst Jüngers politisches Werk (Berlin 2009) 132–138. Im Übrigen schien im Sommer 1938 „das Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit“ auch ganz generell „gesunken zu sein“, vgl. etwa Radomír Luza, Österreich und die groß- deutsche Idee in der NS-Zeit (Forschungen zur Geschichte des Donauraumes 2, Wien/Köln/Graz 1977) 82.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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