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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
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310 Martina Pesditschek Richtig ist, dass sich Srbik bisweilen für vom Nationalsozialismus verfolgte Persönlich- keiten eingesetzt hat247 ; am bekanntesten ist wohl sein (notabene erfolgloses248) Eintreten bei seinem Kompatrioten Seyß-Inquart zugunsten des berühmten niederländischen (Kul- tur-)Historikers Johan Huizinga ; dieser „bürgerlich-konservative“ NS-Gegner der ersten Stunde249, der seinerseits von 1929 bis 1942 der Abteilung „Letterkunde“ der Koniklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen vorgestanden war, war von deutschen Besat- zungsorganen als Geisel inhaftiert worden. Dazu ist zu sagen, dass es 1945 wohl kaum ir- gendein NSDAP-Mitglied in gehobenerer Position gegeben hat, das nicht einem oder ei- ner Verfolgten eine Wohltat erwiesen haben wollte ; solche Interventionen erfolgten wohl nicht selten aus Berechnung oder Geltungsdrang, sie waren für die Intervenienten mit keinem Risiko verbunden und können deshalb auch nicht als Indiz für eine grundsätzlich NS-kritische Haltung angesehen werden. Interessanterweise hat Srbik selbst diese Art von Interventionen in seinem Rechtfertigungsschreiben vom 3. September 1945250 überhaupt nicht erwähnt, in Sonderheit auch nicht in dessen Paragrafen 10, seiner aus heutiger Sicht eher kurios anmutenden angeblichen Erfolgsbilanz als Akademie-Präsident251. (380), niemals slawophob (371), couragiert, ironisch, humorvoll, ein begnadeter akademischer Lehrer, von dessen Unterricht „niemand“ etwas durch Zuspätkommen versäumen wollte (369), und offenbar mit einem solchen Charisma begabt, dass ihn die zahlreichen Nazispitzel, die man „an ihren säuerlich-aufmerksamen Mienen“ erkannte (370), letztlich doch nie wegen seiner so zahlreichen „unzeitgemäßen Äußerungen“ (369f.) denunzierten und ins KZ brachten. Dieser Superman Srbik kann mit dem Publizisten, Briefeschreiber und auch dem akademischen Lehrer Doderers und Jambors (siehe oben S. 279f.) namens Heinrich Ritter von Srbik leider unmöglich identisch gewesen sein. Vgl. auch schon Derndarsky, Fall (Bibl.) 164 Anm. 44 („nicht immer widerspruchsfrei“ ; gemeint ist wohl : in sich widerspruchsfrei). 247 Vgl. Hamann, Kriegs- und Nachkriegserinnerungen (Bibl.) 390f.; Wandruszka, Srbik (1978/79) (Bibl.) 359f. 248 Vgl. Anton van der Lem, Johan Huizinga. Leven en werk in beelden & documenten (Amsterdam 1993) 271, und siehe auch Strupp, Huizinga (wie Anm. 181) 42 Anm. 100, der Srbiks Intervention „nur eine untergeordnete Rolle“ zuschreibt. 249 Letztlich wegen seiner konservativen Grundhaltung übergossen die linken Meisterdenker Max Horkheimer, Theodor Wiesengrund-Adorno und Herbert Marcuse in ihrer privaten Korrespondenz bzw. in einer Rezen- sion den ihnen sehr wohl als „Gegner des Faschismus“ bekannten Gelehrten (notabene im Jahr 1936 !) mit Hohn, vgl. Iring Fetscher, Jan Huizinga und Elie Halévy als frühe Diagnostiker des Totalitarismus, in : Diktatur und Diskurs. Zur Rezeption des Totalitarismus in den Geisteswissenschaften, hg. v. Stefano Poggi, Enno Rudolph (Kultur – Philosophie – Geschichte 4, Zürich 2005) 9–36, hier 15–18 ; dies wirkt umso abstoßender, als sich Adorno seinerseits zu Beginn der Nazizeit den neuen Herren anzubiedern versucht und etwa das Verbot des „Negerjazz“ begrüßt hatte ; vgl. Lahme, Mann (wie Anm. 6) 292. Zu Huizinga siehe zu- letzt Horst Lademacher, Johan Huizinga (1872–1945), in : Europa-Historiker. Ein biographisches Hand- buch 1, hg. v. Heinz Duchhardt, Małgorzata Morawiec, Wolfgang Schmale, Winfried Schulze (Göttingen 2006) 179–213. 250 Derndarsky, Fall (Bibl.) 171–176. 251 Ebd. 174f.: So habe ich – um nur weniges anzuführen – die Beteilung des Dichters Max Mell mit dem Grill-
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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