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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Seite - 318 -
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Seite - 318 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2

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318 Martina Pesditschek Dem Nationalsozialismus wird nun nicht nur eine Verletzung von Srbiks Wissen- schaftsgrundsätzen vorgeworfen (wobei vielleicht erst eben diese Verletzung „das deutsche Volk ins Verderben führte“), es ist dann auch reichlich abstrakt von einer „Umwertung aller Werte“, „schweren Versündigungen an der Menschlichkeit, an der Gottesvorstel- lung und an der Liebe, am Recht, an der Moral und der Kultur, an der Geistesmission des deutschen Volkes in der Welt“ die Rede282. Der Nationalsozialismus hatte laut Srbik „auf historischem Gebiet fast nur“, aber immerhin doch „darin recht, daß das deutsche Volk in der Verteilung der Welt zu spät gekommen und in ungünstigen Raumverhältnis- sen zu leben gezwungen sei“283 ; was die NS-Geschichtswissenschaft anlangt, erwähnt er unter anderem Rosenberg, Alfred Baeumler und Ludwig Klages sowie die „historiogra- phischen Leistungen Christoph Stedings284, Walter Franks, Otto Westphals285 (ebd. 379), wofern man historische Forschung prinzipiell auf Kosten von Steuerzahlern und nicht bloß als privates Hobby betrieben sein lassen will : dieser sei „das möglichst reine Erkennen innerhalb der unüber- windbaren Schranken der Erkenntnisfähigkeit“, und weiters bleibe „die sittliche Aufgabe eines nie versie- genden, immer wieder neu einsetzenden Bestrebens nach Beantwortung von Fragen, die in völlig eindeutiger Weise niemals zu beantworten sind“. 282 Ebd. 362. 283 Es fällt schwer, in diesem scheinbar unscheinbaren Satz etwas anderes als eine verkappte Rechtfertigung von Hitlers Ost-, also Kriegspolitik zu sehen. Dass ein „Volk ohne Raum“ das Recht hat, sich auf Kosten anderer Völker auszudehnen, hatte Srbik höchst verklausuliert schon in „Österreich in der deutschen Geschichte“ (wie Anm. 210) 9 dargelegt : „Erst durch Menschenwerk werden die Räume auch zu befördernden, aber nicht zu gesetzlich zwingenden Faktoren der Staatsbildung, und die Natur der raumerfüllenden Bevölkerung wird zwar von den Eigenschaften des Raumes beeinflußt, sie verbindet und überwölbt aber auch Räume, dank der Idee, die aus einer rein rational nicht völlig bestimmbaren Quelle innewohnt, und dank der inneren Gesetz- lichkeit ihres Wachstums, ihres Ausdehnungsbedürfnisses und der Hemmnisse, die ihr von anderen Völkern bereitet werden.“ 284 Vgl. Ritter, Geschichtswissenschaft (wie Anm. 149) 130 : „das phantastische, dicke Buch von Christoph Steding (Nachlaß eines Frühverstorbenen) ‚Das Reich und die Krankheit der europäischen Kultur‘ : ein Pam- phlet gegen die angeblich ‚dekadente‘ Kultur der ‚neutralen Nationen‘ (Schweiz, Holland, skandinavische Völker). Wenige Schriften haben die neue deutsche Historie im Ausland so schwer in Verruf gebracht wie diese.“ Vgl. zu diesem Werk zuletzt Karlheinz Weissmann, Armin Mohler. Eine Biographie (Schnellroda 2011) 51f., 54, 56. 285 Vgl. Heinrich Ritter von Srbik, Rezension von : Otto Westphal, Das Reich. Aufgang und Vollendung 1. Ger- manentum und Kaisertum (Stuttgart, Berlin 1941), in : Göttingische Gelehrte Anzeigen 205 (1943) 102–121. Srbik hat dieses Machwerk außerordentlich respektvoll besprochen, eine prinzipielle Zustimmung zu Westphals grundsätzlich antiuniversalistischer Einstellung wäre einer Selbstaufgabe gleichgekommen ; vgl. zu dieser Re- zension Moos, Bildungsbürgertum (Bibl.) 156f. („Übermaß an Verständnisbereitschaft“) ; Reinalter, Srbik (Bibl.) 87f.; Schönwälder, Historiker (wie Anm. 5) 219, 320 Anm. 32, 363 Anm. 551f.; Westphal war im Jahr 1943 übrigens gar nicht mehr akademischer Kollege, sondern freier Schriftsteller – er hatte seine universi- täre Karriere wegen des Vorwurfs von Handlungen gegen § 175 StGB (homosexuelle Handlungen) frühzeitig im Jahr 1937 beenden müssen ; vgl. zu Westphal bes. Klee, Personenlexikon (Bibl.) 672 ; Heiber, Frank (wie Anm. 118) passim ; Hochschulalltag im „Dritten Reich“. Die Hamburger Universität 1933–1945 1–3, hg. v.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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