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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Seite - 331 -
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Gustav Pirchan (1881–1945) 331 In der Zeit des Protektorats Böhmen und Mähren (1939–1945) wirkte er nur noch an der inzwischen umbenannten Deutschen Karls-Universität6. So sehr Pirchan die Verän- derungen von 1938/39 begrüßte, bereiteten sie ihm auch Enttäuschungen : Die im April 1939 beantragte Mitgliedschaft in der NSDAP lehnte die Partei aufgrund der Nürnberger Rassengesetze ab, da Pirchans Ehefrau einen jüdischen Urgroßvater hatte. Tragisch war Pirchans kurzer letzter Lebensabschnitt in der im Mai 1945 von der deutschen Okkupa- tion befreiten Tschechoslowakei. Im Alter von 64 Jahren starb er im September 1945 als internierter Deutscher im ehemaligen NS-Konzentrationslager Theresienstadt an Herz- schwäche. Die Meinungen über Pirchan als Historiker und Menschen fielen nach seinem Tod fast ausschließlich positiv aus. Kurt Oberdorffer beschrieb ihn im offiziösen Nachruf als „hochkultivierten, jeder Zeit toleranten und hilfsbereiten Mann, der außerhalb seines wissenschaftlichen und archivarischen Arbeitsfeldes geradezu scheu jegliche Öffentlich- keit mied“. Er pries ihn als „feinen Stilisten“, als „künstlerisch fein empfindenden For- scher“. Der Autor sagte ihm zum einen rührende Geschäftigkeit nach, charakterisierte ihn andererseits aber auch als „weltentlegenen Gelehrten“7. An einem anderen Orte würdigte er ihn als Person, der für ihre Bemühung um die Verständigung mit tschechischen Histo- rikern viel zu danken sei8. Auch tschechische Kollegen beurteilten Pirchan überwiegend positiv. So erinnerte sich Karel Kazbunda an ihn als gemäßigten Deutschen, einen außerge- wöhnlich gebildeten Menschen9. Im tschechischen Standardwerk zur Geschichtsschreibung in den böhmischen Ländern zählt ihn der Autor František Kutnar zur versöhnlicheren älteren Generation von Prager deutschen Historikern, die sich von der jüngeren natio- nalistischeren unterschieden habe. Pirchans Habilitationsschrift würdigt er als wertvolle Arbeit aufgrund eines genauen und umfangreichen Archivstudiums10. Eva Hahn wiede- 6 Alena Míšková, Die Deutsche (Karls-)Universität vom Münchener Abkommen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges (Universitätsleitung und Wandel des Professorenkollegiums) (Praha 2007) ; Ota Konrád, Geis- teswissenschaften an der Deutschen Universität in Prag (1938/39–1945), in : Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit, hg. v. Karen Bayer, Frank Sparing, Wolfgang Woelk (Stuttgart 2004) 219–248 ; ders., Die deutschen Hochschullehrer in Prag vor und nach 1938/39. Versuch einer Bestandsaufnahme, in : Die „Volksdeutschen“ in Polen, Frankreich, Ungarn und der Tschecho- slowakei. Mythos und Realität, hg. v. Jerzy Kochanowski, Maile Sach (Einzelveröff. des Deutschen Histo- rischen Instituts Warschau 12, Osnabrück 2006) 147–162. 7 Oberdorffer, Pirchan (wie Anm. 1) 80f. Zu Oberdorffer siehe : Jiří Němec, Kurt Oberdorffer, in : Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen – Institutionen – Forschungsprogramme – Stiftungen, hg. v. Ingo Haar, Michael Fahlbusch, Matthias Berg (München 2008) 444–448. 8 Oberdorffer, Verein (wie Anm. 2) 29. 9 Mé archivní poslání ve Vídni [Meine Aufgabe als Archivar in Wien] Bl. 148f. ANM, NL Kazbunda, K. 32. 10 František Kutnar, Jaroslav Marek, Přehledné dějiny českého a  slovenského dějepisectví [Geschichte der tschechischen und slowakischen Geschichtsschreibung im Überblick] (Praha 22009) 954 und 957.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
2
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
678
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien
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